Dienstag, 22. November 2011
Beim Fingernägel lackieren eben fiel mir was ein. Es fiel mir ein, weil ich hochkonzentriert beim zweiten Bier die Nägel lackierte und es auf anhieb perfekt klappen musste, denn für ausbessern ist heute keine Konzentration und morgen keine Zeit mehr da. Wenn es sein muss, kann ich das aber. Ich kann sogar im Notfall in der Bahn die Nägel auf anhieb perfekt lackieren.

Und so ich erinnerte mich gerade an den tollen Urlaub mit dem Nerd damals, in Griechenland, als ich auch in einer Situation war, in der es in kurzer Zeit mit Bierchen intus auf anhieb perfekt klappen musste. Wir hatten zwei Wochen Traumurlaub hinter uns. Ich habe damals bestimmt darüber geschrieben. Wir hatten einfach eine gute Zeit. Wir fuhren in versteckte Buchten, hingen dort rum, vögelten rum, in den Felsen mit Blick auf Athos, wanderten viel, durchdachten komplett neue Forschungsansätze, gingen studenlang alle statistischen Berechnungen dafür durch, schwiegen, tranken Kaffee, tranken Bier, tranken Schnaps, schauten zdf, machten Fotosessions, nahmen Anhalter mit, lachten, spielten mit den wilden Hunden, kehrten in die besten Bars ein, schauten in den Sternenhimmel am Strand, analysierten die anderen Hotelgäste und haben uns geliebt. Am Ende des Urlaubs schlug er vor, am letzten Abend noch mal richtig schön essen zu gehen. Er kannte das so: am letzten Abend geht man Essen. Ich mag das, dass wenn zwei zusammentreffen, jeder etwas aus seinen erfahrenen Routinen mit einbringt. In seiner Familie ging man am letzten Abend auswärts essen. Wir suchten in den letzten Tagen das entsprechende Restaurant dafür aus. Es war vom Feinsten. Als er vor dem Restaurantbesuch im Hotel duschen ging und ich frischgeduscht im Zimmer Leerlauf hatte, blieben mir nur wenige Minuten um mich in Schale zu schmeißen. Ich zog einfach mein schönstes Kleid an, sonst nichts, legte ein bißchen schlichten Holzschmuck an und lackierte spontan meine Nägel feuerrot. Kein Makeup oder irgend so ein chichi. Nur ich, das Kleid und die feuerroten Nägel. Als er aus der Dusche kam und mich sah, strahlte er. Er hatte verstanden dass ich verstanden hatte, dass man am letzten Abend zum Essen ausgeht.



Ich bereite mich auf das Vorstellungsgespräch vor. Suche Zeugnisse und Zertifikate raus, wasche die Hose vom neuen Anzug, lackiere die Nägel in modernem Rostrot, pflege die neuen Schuhe, suche das moleskine raus, studiere die Internetseite des Ladens und arbeite an meiner coolness.

Die inhaltliche Vorbereitung läuft parallel im Hinterkopf ab seit genau der Minute, als ich die Stellenausschreibung gelesen habe. Ich habe noch keine Notizen gemacht, aber eigentich steht meine Vorstellung schon komplett parat. Das Beste: ich muss nichts lügen, ich kann voll und ganz authentisch sein. Es ist genau mein Traumjob. Der Trick wird darin bestehen, nüchtern ausgeschlafen und in positiver Stimmung dort aufzutreten.

Ich finde das ein oder andere Zertifikat nicht mehr. Vielleicht liegt was in meiner Schublade im Büro...vielleicht auch nicht. Ich bin mir nicht sicher ob ich den neuen Anzug oder den edlen grauen anziehen soll. Und was drunter? Ich werde es klassisch halten mit einem hellen Top und schlichter Kette. Das ist ein Familienunternehmen, ich komme da im klassisch-spießigem Outfit wahrscheinlich am besten an. Die Nägel. Ich bin gezwungen farbigen Lack aufzutragen denn sonst sieht man die aufgesplitterten Nägel. Mit lackierten Nägeln sehen meine Hände eins a aus. Ich habe schöne Hände. Schlanke lange Finger. Ich hoffe einfach nur rostrot sieht modisch gepflegt und nicht tussig aus. Aber tussig ist wahrscheinlich nur knallrot. Ich habe das moleskine rausgesucht. Habe ich vor Jaahren geschenkt bekommen und nie genutzt. Dort sollen noch meine Notizen rein.

Ich hatte heute einen Termin auf den ich keinen Bock hatte. Ich war mir unsicher ob ich den mal eben so locker abreißen kann. Und dann habe ich an meiner Einstellung gearbeitet. Es handelte sich letztendlich um einen Vertriebler-Standard-Termin. Also Laptop und Beamer unter den Arm, losgestiefelt, Vertrieblerlächeln aufesetzt und mir gedacht: der Termin ist zum Ego boosten. Habe mich mit meinem charmanten Lächeln vor die potentiellen Kunden gestellt und einfach profihaft losgelegt. Wie viel doch die Einstellung macht! In so einen Termin reingehen mit dem Gedanken: das rocke ich! Im Gegensatz zum klein, fett und hässlich fühlen. Ich muss eingestehen, die Zyklusmitte mit den guten Hormonen kommt mir diese Woche zu Gute. Schlussendlich war der Termin wahrscheinlich 100 % erfolgreich und mindestens ein aber wahrscheinlich realistisch von außen betrachtet sogar zwei Flirts kamen auch noch bei rum. Was will man mehr. Der zweite Flirt war sogar richtig gut, allerdings nicht meine Altersklasse. Naja. Mal sehen. Sind verblieben, dass ich morgen noch per Email das und das nachschicke.
Der Flirt war aber wirklich richtig gut. Was denn passieren würde, wenn er sich nicht für mein Produkt entscheiden würde, fragte er. Ich antwortete einfach, dass wir uns dann nicht wiedersehen. Mit tiefem Blick in die Augen natürlich. Herrlich!!!! Nee nee, er will sich schon dafür entscheiden, aber ggf in einer anderen Konstellation. Mir doch egal, ich will mit dem Mann einfach nur-------------------tanzen oder so.

Ja, so ist das. Ich trete mir in den Hintern um positiv nach vorn zu schauen und es klappt recht gut. Bleibt nur die Frage was am Zyklusende bleibt und was passiert, wenn ich den Job nicht bekomme.......................Machen Sie sich auf die üblichen pms-jammer-postings gefasst, aber ich garantiere: es bleibt spannend.