Ich müsste ins Bett aber es ist auch so viel los, so viel zum Aufschreiben. Zu viel. Aber ich gebe zu: vielleicht zu viel des Guten. Es fühlt sich an, als könne ich gerade aus dem vollen schöpfen. Aus dem vollen Leben. Ich könnte die ganze Welt umarmen - irgendwie umarmt mich gerade die ganze Welt. Ich spreche flirte mit gefühlten eine Mio gefühlten supernettenhübschen Männern, ich kriege den Schreibtisch wahrscheinlich morgen tatsächlich leer, ich finde mich hübsch, ich fliege nächste Woche in den Urlaub, in die Sonne, mein Psychologe und ich decken letzte Wunden auf und können sie direkt bearbeiten, die neue Kollegin ist klasse, ich freue mich wenn der Chef da ist und der Chef freut sich anscheinend auch mich zu treffen, ich wuppe schwierige Termine mit links enderfolgreich, die Wohnung ist fast richtig aufgeräumt, das Bier mit der Bierfreundin schmeckt eins a, der alte Mann verdreht mir ein bißchen den Kopf, die neue Pflegefrau ist superlieb zu meiner Mutter, mein Vater bemüht sich mich zu verstehen und ich habe es geschafft den gelben Müll vor der Abholung rauszubringen. Kurz: es läuft :-)
Ich wäre gerade beinahe verkauft worden! Kein Witz!
Ich wohne hier seit über zehn Jahren. An der Ecke oben an der Straße ist eine Kneipe. Nein, keine Kneipe, eine Kaschemme. Eine richtige Kaschamme wie aus dem Bilderbuch. Ich möchte Ihnen ersparen aufzuzählen was die Jungs dort auf dem Buckel haben. Ich weiß es selbst nicht en detail und bin froh darüber! Heute abend aber bedrouille. Ich kam nach Hause und bemerkte ich hatte ich nur noch eine Zigarette. 24stunden Tanke fünfzehn Min laufen. Für heute zu weit. Ich habe burnout, sowas schaffe ich gerade nicht mehr. Mir gehts so schlecht, ich gehe so sehr auf dem Zahnfleisch, ich habe heute eine liebe Kollegin aus der Zentrale so sehr angeschnauzt, dass ich später eine Entschuldigungsemail schreiben musste. Meine Nerven liegen blank. Da war alles zu viel in den letzten Wochen. Urlaub in Sicht aber schreibtisch zu voll.
Ich hatte also keine andere Wahl als in der Kaschemme oben an der Ecke Zigaretten zu holen. Ich hatte schon die Befürchtung ich würde dort verkauft werden. Aber ich bin kettenraucher, ich bin süchtig, das ist nicht mehr witzig, das ist mittlerweile Realität. Also los in die Kaschemme. Vorm Eingang ncoh mal tief durchgeatmet, und rein. Knapp zehn Leute drin. Gröhlen, singen, irgendwas, irgendwie assig. Ich muss keine zwei Minuten an der Theke (nähe Ausgang) stehen als man mein Anliegen versteht und ich fünf euro Wechselgeld und meine Lieblingszigaretten in der Hand halte. ABer ich komme nicht drum herum einen mitzutrinken. Einen Grünen. Wodka mit Waldmeister. Kurz abgeschätzt - ok, werde ich verkraften. Ich trinke mit und führe nette Gespräche mit lieben, gescheiterten Existenzen. Alles gut soweit bis der Wirt kommt. Ali. PAckt mich, nimmt mich in den Arm - wie heißt du überhaupt?? Ich äußere verwundert, dass das nicht die feine Art sei Gäste zu begrüßen und er zieht andere Seiten auf. PAckt mich fester an, schnauzt mich an, irgendwas, was ich hier überhaupt will wenn ich meinen Namen nicht sofort nenne und es wird mir unheimlich, ich bekomme Angst, stelle fest dass alle zu betrunken sind als dass man mit kommunikativen Kompetenzen noch was regeln könnte, versuche charmantes Lächeln, werde fester angefasst, bekomme nun wirklich Angst, werde angeschnautzt, bekomme noch mit dass da wohl was eskaliert und einer von den lieben gescheiterten Existenzen was klären und lösen will, checke aber auch dass ich dirkt am Ausgang stehe und die Fluchtvariante sicherer scheint und schaffe es schnell und zügig mich zu befreien und rauszugehen. Uh, sowas brauche ich nicht nochmal. Und ich weiß jetzt auch wieder warum ich seit über zehn Jahren nicht einmal dort war.
overloaded am 14. Juni 12
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