In Schleife seit einigen Tagen: Razorlight wire to wire.
overloaded am 05. Mai 13
|
Permalink
| 0 Kommentare
|
kommentieren
Honigdusche
Habe lange nicht mit Überschriften oder Titeln geschrieben. Es kam mir irgendwann so einengend vor. Und generell kann man beobachten: es geht der Trend zum titellosen. Nun denn, die Honigdusche steht heute dennoch recht gut da.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die erste Beerdigung in meinem Leben, die ich bewusst erlebte oder vielmehr: von der ich was mitgenommen habe. Es war die zweite Beerdigung die ich erlebte. Die Erste soll jetzt aber auch erwähnt sein, es war die Uroma. Ich hatte eine Uroma. Die Uroma war die Mutter von meinem Opa, mütterlicherseits. Ich erlebte die Uroma als Kind noch richtig mit, sie lebte eben bei Oma und Opa. Sie war uralt. Als Uroma (so nannten wir Kinder sie auch) machte sie jetzt nicht mehr viel her für uns, sie war einfach alt und war einfach immer dabei. Sie hatte immer Kekse und Schokolade. Sie hörte schlecht und sprach auch nciht viel. Als Kind fühlte ich mich nicht eng verbunden mit ihr - sie war halt einfach da. Oma und Opa waren aber fast immer in der Nähe. Die Uroma war aber für meine Mutter die Oma. Sowohl meine Mutter wie ich kamen in den Genuss von viel Großeltern. Und diese Oma meiner Mutter schenkte meiner Mutter beispielsweise zur Hochzeit ein Geschirr, welches seit einigen Jahren im moma ausgestellt wird. Es ist schwarz-weiß, eine Mischung aus schlicht und extravagant. Es ist "das richtig gute Geschirr" in meinem Elternhaus. Ich kenne die Erzählungen von meiner Mutter und von meinem Vater (getrennt) wie es damals war, als sie mit dieser Oma in die Stadt fuhren, in das entsprechende Porzellangeschäft gingen und ihr das Geschirr zeigten. Sie fand es irgendwie seltsam - das soll es sein??, nun gut, sie öffnete ihre Handtasche in der das viele Geld so lose lag, legte die vielen Scheine auf den Tisch und zog alleine weiter. Diese Frau ging gern in die Stadt. Die andere Oma meiner Mutter war da gnaz anders. Sie kam als Karrierefrau aus Danzig und belächelte diese Stadt: das soll eine Stadt sein?? Wo ist der Hafen?? Wo sind die großen Kaufhäuser, wo sind die Boutiquen?? Sie kannte nur Weltstadt. Sie war gelernte Schneiderin und ging bis zum Ende stets mit Handschuhen raus. Eine feine Frau. Eine wirklich feine Frau. Und gebildet. Ein totaler Kontrast zu der eben beschriebenen Frau. Ich glaube die Uroma konnte nichtmals richtig schreiben.
Jedenfalls! erinnere ich mich sehr gut an die Beerdigung von meinem Opa, dieser ältestes Sohn von eben dieser Frau, die vllt nichtmals schreiben konnte, die im Dorf aufwuchs und auch nur dieses Dorf kannte, dieser Mann der meine Oma heiratete, eine Tochter aus einem auch einfachen aber dabei sehr gebildeten und weltoffenen Haushalt. Auf der Beerdigung meines Opas hörte ich zum ersten Mal bewusst, dass es für alles eine Zeit gibt. Der Pastor las den ganzen Text gut und langsam vor, ich konnte dabei mitdenken. Es gibt für alles eine Zeit. Auch wenn ich wirklich katholisch erzogen bin, kann ich den Text jetzt nicht mehr auswendig, aber was hängen geblieben ist, ist eben dies, dass es eine Zeit für Freude und eine Zeit für Tränen gibt, dass es stets bergauf und bergab geht, dass es Phasen gibt. Phasen, das ist mein Stichwort. Nicht alles ist scheiße, sondern es gibt Scheißphasen und es gibt gute Phasen.
Und ich habe in den letzten Monaten nochmal genau gelernt: auch in den Scheißphasen kann man Ressourchen aufspüren. Heute war Abschluss der Weiterbildung und ich schäme mich fast für den niedrigen Preis - das Ding war so gut, dafür hätte ich auch mehr gezahlt. (tbc)