Samstag, 23. Februar 2013
Bis vierzig müsse ich noch den Karrieresprung in die Chefetage schaffen und eine Familie gründen, sagt meine Gynäkologin. Die unterhält sich immer so gerne mit mir - meist plaudern wir eine halbe Stunde. Sie hatte meine Lockenpracht noch gar nicht gesehen und war positiv überrascht. Außerdem fände sie es nicht schlimm, wenn er acht Jahre jünger ist als ich, wenn Männer acht Jahre älter sind, ist das doch auch völlig ok. Ihr ältester Sohn sei in dem selben Alter wie der junge Mann, der kreatives----- und sie glaube doch, dass es auch Männer in diesem Alter gibt, die schon wissen was sie wollen. Ich war erstaunt was sie da sagte und ich halte sie für eine sehr kluge Frau und erwiderte, dass mein Herr Psychologe, von dem ich ebenfalls viel halte, die Hände über den Kopf zusammenschlug als ich ihm von dem Date mit dem jungen Mann erzählte.

Nun denn, steht ja eh noch alles in den Sternen. Treffen uns voraussichtlich im März.



Donnerstag, 21. Februar 2013
Nun ja, es hört nicht auf. Weiter auf Hochtouren. Ich knirsche schon tagsüber mit den Zähnen. Und ganz nebenbei wuppe ich irgendwelche Termine mehr oder weniger mit links. Vertrieblermaske auf und funktionieren. Zwischendruch bemerke ich, dass ich zu overkonzentriert bin, zu hart rüberkomme, vllt auch zu schnell spreche. Ich lege eine Pause ein, frage nach Frage und generiere mein Vertrieblerlächeln neu. Ich finde es unglaublich wie ich eigentlich schon gar nicht mehr kann, reif für die Klappse bin und dennoch aufrecht stehe. Wie krass ich funktionieren kann. Wie stark ich bin. Ich muss aufpassen dass ich das nicht zu sehr ausreize.

Ich brauche eine Umarmung. Bald. Von irgendjemanden aus dem inner circle. Sonntag abend mit einer Freundin zum Theater verabredet, fällt mir gerade ein. Die kann gut umarmen. Vielleicht auch morgen von meinem Vater, vielleicht auch Samstag in der Muckibude. Aber Sonntag ist sie mir gewiss. Das sind Aussichten.



Mittwoch, 20. Februar 2013
Ich kann kaum noch aufhören zu weinen. Immer wieder füllen sich die Augen mit Tränen.

Der Chef meldete sich am Morgen auf meiner Mailbox krank. Völlig paralysiert rief ich eine Vertraute von ziemlich "weit oben" in der Firma an. Sie checkte sofort meine Lage und half mir kurzfristige Entscheidungen zu treffen. Es ist sowas von unglaublich was in dem Saftladen gerade abgeht und ich befürchte dass das jetzt wirklich der Untergang sein könnte. Ich bin heute kaum ans Telefon gegangen, habe einfach alles auf Mailbox laufen lassen und versucht die Termine für heute Abend "richtig" zu koordinieren. "Richtig" ist zurzeit stündlich anders in dem Saftladen.

Ich habe in dem Laden schon öfters Pferde kotzen gesehen, aber dieses Mal kotzen die Pferde ihr eigenes Fleisch.

Reamonn - Star nach wie vor seit gestern in Schleife. Und zwischendurch lese ich die schöne Nachricht von dem jungen Mann.

Und irgendwo ganz tief in mir drin brennt er lichterloh, dieser Funke Hoffnung.

Hoffnung ist eben nicht Optimismus, es ist nicht die Überzeugung dass etwas gut ausgeht sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht (Vaclav Havel)