Um den heterogenen Teil des Abends kurz zu machen: er war nicht da. Eine Beobachtung noch kurz anbei in diesem Zusammenhang: in Zügen von Norden nach Süden sitzen Freitags Abends schöne Männer. Viele schöne junge interessante Männer. Anschauen, Blick halten, aber kein Gespräch angefangen, war zu fertig.

Die Partnerinnen von lesbigen Frauen scheuen mich. Habe ich jetzt schon mehrfach wahrgenommen. Heute auch wieder. Je jünger sie sind, desto mehr sehen sie mich als Bedrohung. Heute Abend gab es zum Glück nur reifere Frauen, keine jungen Dinger. Die Frau von der Frau die mich heute eingeladen hatte beispielsweise. Ich glaube wir haben uns noch nie unterhalten, kennen uns nur vom sehen und sie mich wahrscheinlich noch ein bißchen mehr aus Erzählungen. Mit ihrer Frau bin ich end-dicke. Sie hielt eine Rede und ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass ich mehrfach erwähnt wurde. Zweimal ganz deutlich und alle schauten zu mir. Die Frau von der Frau lächelte mich an. Sie hat Respekt, sie findet mich interessant, keine Frage, aber sie ist selbstsicher genug, dass ich ihr nicht das Wasser reichen kann. Sie hat einen Lehrstuhl, gehört zu den Topwissenschaftlern in einem bestimmten Bereich im deutschsprachigen Raum. Und dennoch: sie nimmt mich wahr. Ich finds gut. Ich hätte mich gern mal heute mit ihr unterhalten aber es ergab sich nicht, unsere Blicke trafen sich ein paar Mal, wohlwollend, lächelnd, freundlich und wahrscheinlich reicht das auch einfach.

Ich unterhalte mich mit einer Chefin von ganz früher. Ganz früher. ltz. Ich sähe gut aus sagt sie. Klasse, alles richtig gemacht. Man sieht mir den ganzen Scheiß noch nicht an. Wir quatschen eine Runde, entwickeln kurz ein paar neue Angebote, tauschen uns aus und ich fühle mich einfach nur als hätte ich einen Platz in dieser Welt.
Dann treffe ich eine andere Frau von früher und ich freue mich end dass sie ohne ihre Freundin da ist. Sie riecht so unendlich gut. Ich rieche sie durch den ganzen Raum. Ich unterbreche ihr Gespräch mit einer anderen Frau und diese lässt sich von mir unterbrechen, schaut mich genau an, auch wohlwollend, aber genausten. Schließlich kann ich die andere Frau nach draußen ziehen und erfahre: sie hat aufgehört zu rauchen. Wir erzählen wie es uns geht, was das für ein Jahr ist, richtig scheiße oder gut und ich möchte sie einfach nur anfassen. Sie ist fünfzehn Jahre älter als ich. Nach einiger Zeit kann ich nicht mehr und streichel ihr über den Arm, an den Haaren. Ich weiß: wir werden beobachtet. Aber es waren nur korrekte Leute dort. Niemand der tratscht und sich an sowas hochziehen würde. Vielmehr: wer war diese junge Frau die bei Vereinzelten so bekannt, vertraut und geliebt ist.

Zwischendurch habe ich Sekt getrunken, tolle Bilder gesehen, mir das dreistöckige Atelier angeschaut, Bier getrunken, Worte auf Leinwände geschrieben, Fremde kennengelernt, nach einem Fotomotiv gesucht aber keins gefunden, mit zwei Heteromännern geredet, alleine draußen geraucht, eine Olive gegessen, eine junge sehr scöne Frau beobachtet und mir zum Abschied ein Wegbier mitgenommen.

Jetzt zu Hause ist es wieder soweit. Ich habe das neulich schon beim Psychologen durchdekliniert. Nach einem schönen Abend kann ich zu Hause nicht ins Bett fallen. Ich muss noch ein Bier aufmachen, mir den letzten Stoß geben. Es ist irgendwie was von wegen dieses Gefühl festzuhalten.

Jetzt Urlaub. Runterkommen. Und mal wieder im Schnelldurchlauf, innerhalb einer Woche. Aber das schaffe ich schon.

"Nimm dir das Leben und lass es nicht mehr los. Denn alles was du hast, ist dieses eine bloß. Nimm dir das Leben, und gibs nie wieder her, denn wenn man es mal braucht, findet man es so schwer. Wir sind doch keine Automaten, wir sind ein Wunder, du und ich, lass die andern weiterhetzen..........." Udo Lindenberg, unplugged.

Freue mich sehr darauf das ganze Album zu hören. Urlaub.