Meiner Mutter geht es immer schlechter. Ich vertraue den Ärzten dort nicht.
Liegt es wirklich an den Ärzten? Sie schrieben ja mal von Alzheimer – da kann man wohl, so tragisch es auch ist, den Verlauf eh nicht aufhalten. Ich wünsch Ihnen viel Kraft!
Es ist keine Spezialklinik. Es ist eine Klinik mit schlechtem Ruf. Nach vier Wochen wollen sie meine Mutter nun entlassen. Sie ist dermaßen sediert, dass man sie kaum zum Auto bringen kann, geschweige denn ins Haus bekommt. Sie war vorher körperlich topfit. Ich habe schon vor drei Wochen über Freunde eine Spezialklinik aufgetan. Mein Vater hat dort heute angerufen und mit dem Oberarzt gesprochen. Vielleicht können wir sie verlegen.
In mir machen sich Vorwürfe breit. Vielleicht hätte ich mich doch von Anfang an mehr einbringen sollen, bei Einweisung dabei sein, mit den Ärzten sprechen, Therapieverlauf, die andere Klinik kontaktieren etc. Ich habe es nicht gemacht, weil ich nicht mehr kann.
Es geht nicht darum, den Verlauf aufzuhalten, es geht darum, ihr den Verlauf so angenehm wie möglich zu gestalten.
Hoffnung ist eben nicht Optimismus [...], zitierte sie V.Havel immer. Und ich denke mir den ganzen Tag schon, dass die Hoffnung ja zuletzt stirbt, und frage mich, was ist das, was jetzt danach ist?
Ich schaue in den Spiegel und sehe: nichts.
Danke für die lieben Worte.
Das ist natürlich blöd, wenn die dort keine Ahnung von Alzheimer haben. Eine Freundin, die in der Demenzabteilung eines Altenheims arbeitete, meinte, exzessives Sedieren sei bedauerlicherweise dort, wo weder Ahnung von Alzheimer, noch ein brauchbares Betreuungsvehrältnis vorhanden ist, ziemlich üblich. Ist halt das bequemste, wenn die Leute möglichst leicht händelbar gemacht werden und man sich nicht Gedanken darüber machen muss, wie man das Leben der Patienten möglichst angenehm gestaltet. Eine Verlegung wäre wahrscheinlich sinnvoll.
Eine Verwandte in Osteuropa pflegte ihren alzheimerkranken Mann alleine zu Hause mit ihrer Schwiegertochter, weil sie der Ansicht war, in einem Heim würde er keine drei Wochen überleben. Er hatte dadurch wundervolle 1:1 Betreuung, war in seinem eigenen Umfeld und tatsächlich erstaunlich lange erstaunlich fit. Als er dann starb, waren die beiden psychisch und physisch völlig am Ende, weil sie jahrelang nichts anderes gemacht haben, als sich um ihn zu kümmern. Kann man sich auch fragen, ob es das wirklich wert war oder ob gangbarere Alternativen tatsächlich nicht vorhanden waren.
Mehr machen kann man wahrscheinlich immer. Sich einsetzen bis zum völligen Zusammenbruch. Aber Sie müssen auch für sich schauen. Wenn Sie sich ganz am Anfang mehr eingemischt hätten, was wäre jetzt? Könnten Sie vielleicht gar nicht mehr? Letztlich können Sie auch gar nicht wissen, ob es Ihrer Mutter besser ginge, wenn Sie sich mehr eingemischt hätten. Schief laufen kann immer etliches – auch wenn man sich gegen alle Eventualitäten abzusichern versucht.
Meine Mutter wurde heute in die Spezialklinik verlegt. Das ging irgendwie alles rucki-zucki. (Ob es daran liegt dass sie Privatpatient ist?) Mein Vater rief mich eben von dort an - ein Unterschied wie Tag und Nacht, kommt ihm vor wie ein Vier-Sterne-Hotel. Es gibt dort sogar einen Hund :-) Ich hoffe sie bekommen sie irgendwie wieder besser hergerichtet. Ich wünsche ihr, dass wenn der Frühling richtig da ist, sie wieder in ihrem Garten sitzen kann.
@silentia
Ich weiß nicht wie lange Sie schon bei mir lesen (auch die alte Seite). Dass ich mich nicht mehr so stark einmische, ist noch recht neu. Ich hatte bis vor einem Jahr für ein zwei Jahre meinen Job reduziert um sie zu betreuen, ich habe Haushaltshilfen, Pflegefrauen organisiert, Anziehsachen für sie gekauft, sie gepflegt, unterhalten, alles. Das erste mal, dass ich mich richtig rausgehalten habe, war jetzt, als sie ins Krankenhaus sollte. (Das meine ich mit "von Anfang an", also von Beginn des Krankenhausaufenthalts.) Ich versuche mir keine Vorwürfe zu machen, denke doch, dass ich das ganze bestmöglichst gemeistert habe, aber...manchmal kommen sie doch durch.
Wer jetzt am Ende ist, ist mein Vater. Und für ihn kommt Heim immer noch nicht in Frage. Er reibt sich völlig auf. Und ich würde es nie laut sagen oder jemandem erzählen, aber ich finde fast: das ist er ihr auch schuldig, nachdem was er ihr in all den Jahren angetan hat. Und ich glaube: er sieht das auch so. Als würde er sich jetzt auf seine Art bedanken für all die Jahre, in denen sie ihn nicht hängen oder im Stich gelassen oder verstoßen hat. Letzten Endes halten sie einfach zusammen. Und wenn ich es mir so recht überlege: eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich kenne.
@thisbe Ja, der Artikel ist passend. Im Krankenhaus sagten sie gestern, sie hätten sie so krass sedieren müssen, weil sie in fremde Zimmer gelaufen sei. Als wenn ein Alzheimerpatient weiß wo sein Zimmer ist, sicher. Ansonsten ist meine Mutter total lieb. Sie tut niemandem was, lässt alles über sich ergehen, ist nicht agressiv oder so.
Ja meld dich einfach :-) Du weißt ja Bescheid, kurzfristig zu- oder absagen ganz unproblematisch möglich.