Nach vier Stunden bei meinen Eltern hätte ich jetzt nicht direkt (noch) ein Bier aufmachen sollen, nicht ins Internet gehen, nicht reinschreiben, nicht reindenken. Das Bier wird meinen Optionen für den weiteren Verlauf des Abends drastisch einschränken, da jetzt wirklich kein Auto fahren mehr möglich ist. Vielmehr hätte ich direkt was anderes (was warmes) anziehen sollen und am besten schon von unterwegs den weiteren Abend telefonisch abklären sollen. Aber ich kann nicht. Ich weiß, gleich ist erst halb acht und eigentlich viel zu früh um sich in der Küche sitzend, Bier trinkend, reinschreibend, reindenkend und letztendlich heulend abzuschießen. Aber ich kann nicht anders. Plötzlich ist der Kopf wieder zu, kein weiter Blick mehr, Sorgenfalten kehren mit jeder Minuten mehr zurück, und die Bilder im Kopf über meine Mutter der letzten vier Stunden scheinen wie auf der Netzhaut eingebrannt. Die plötzliche Panik, dass der Urlaub nur ein Zurückfahren auf wenigstens Null aber kein Plus auf dem Erholungskonto gebracht hat. Vier Stunden bei Eltern und der Urlaub scheint wie weggeschossen. Peng! All die schönen Erlebnisse, Erinnerungen, gesammelten guten Gedanken, alles weg. Ich schaue aus dem Küchenfenster und sehe wie die Abendsonne kurz zwischen den Wolken erstrahlt. Es lohnt sich nicht auf den Balkon zu gehen, sie ist eh gleich wieder weg. Komm schon Grau-in-grau, komm schon scheiß-Sonntag-Abend, das ist gerade so schön passend, da habe ich eine Ausrede um mich nicht zusammenreißen, Freunde anrufen, ausgehen und glücklich sein zu müssen.
Sonne bleibt. Ich gehe mal eben auf den Balkon gucken. Nehme vorsichtshalber mal das Handy mit.
Und da geht das Handy. Eine liebe Arbeitskollegin (keine direkte) fragt, wo ich das Spiel heute schaue. Und sie freut sich dass ich wieder da bin. Ich nehme kein Blatt vor den Mund, sage ihr kurz, dass ich einen super Urlaub hatte, gerade jedoch vier Stunden bei meinen Eltern war, jetzt gerade auf dem Balkon in der Sonne sitze und weiter leider noch keine Pläne, aber Angst dass gleich alle Erholung weg ist, habe. Das geht ja mal gar nicht! ruft sie ins Telefon. Komm, du musst raus! Komm wir treffen uns in der Stadt!
Jetzt schnell umziehen und los. Ich freue mich auf den Abend. Und noch mehr freue ich mich über mich, dass ich mir in den letzten Jahren anscheinend doch einige liebe Menschen in mein Umfeld gezogen habe. Liebe Menschen, die da plötzlich anzurufen und mich rausziehen aus dem Reindenken.
...und natürlich war der Abend superklasse! Ein bißchen die richtige Location gesucht, beide die selben Ansprüche gehabt, später noch was gegessen, über die Firma, den Chef gequatscht, ausgetauscht, eine liebe Freundin von mir mit ihren wirklich symphatischen Freund getroffen, Bier getrunken, gelacht, umarmt, bedankt - klasse Abend. Danke, Leben.