Manchmal hole ich für Stories so weit aus, dass ich Mühe habe mich an dem lang ausgerollen roten Faden entlangzuhangeln und letzten Endes zum Plot zu kommen. Bisher habe ich aber - wenn ich mich recht erinnere - jede Story zu Ende geschrieben. (Es sei denn die Story versiebte ehe sie richtig begann.)

Mir ist langweilig. Ich kann nichts machen, denn ich bin krank. Kann nicht joggen gehen, kann nicht putzen, kann nicht vor die Tür. Bleibt nur Bett oder Bier. Bett hatte ich schon zwei Stunden. Bekommt man ja auch nur Rückenschmerzen. Ich habe also richtig Zeit. Ich könnte was schreiben! denke ich mir. Von dem gr Festival und dem Nicht-Fick am We, oder vom krank sein, wie weshalb warum und so, aber das kann sich ja jeder denken, darüber muss ich nicht mehr schreiben. Von der alten vierundzwanzigstundenpflegefrau und von der Neuen. Aber die kenne ich noch nicht. Um mich in "meiner Mutter gehts so schlecht und mir tut das so weh" reinzuschreiben bin ich zu gut gelaunt, oder vielleicht ist das Thema auch irgendwie durch. Klar tuts weh, aber irgendwann ist man den Schmerz gewöhnt. Die lästernden Nachbarn sind als Thema zu langweilig. Ja, aber vom Urlaub, vom Urlaub müsste ich nun mal endlich erzählen. Da habe ich ja sowas von krass weit ausgeholt, da gäbe es genügend Futter. Zu viel. Aber vielleicht mache ich da mal weiter....




Vielleicht ist der Nicht-Fick doch jetzt besser. Bin halt krank und kann auch nicht so lange hier sitzen und schreiben (weil ich dabei zu viel trinke und rauche). Also die Partynacht und der Nicht-Fick. Könnte mich kurz fassen. Jedenfalls kürzer als beim Spanier mit den Thrombosestrümpfen (Sie erinnern sich).

Ich kenne ihn seit 1999. Unglaublich aber wahr. Von der Uni. Eigentlich sieht er immer noch genauso aus wie damals. Er ist Jugoslawe und nicht für Frieden. "Bist du schon mal - oh stop, das kann man jetzt zweideutig verstehen, ja ok, also bist du schon mal für irgendwas auf die Straße gegangen?" - Ja sicher, antworte ich und überlege. Auf jeden Fall, rufe ich noch mal aus, schließlich bin ich ja auch Sowi! Hm, ich überlege. Wann war ich das letzte Mal auf einer Demo. Ich antworte, dass ich nicht mehr genau weiß wann und wo aber war bestimmt für das Übliche, Weltfrieden und so. Er lacht, verbittert. Er ist nicht für Frieden. Er ist für Krieg, jeder Tag ist Krieg, man weiß nur noch nicht gegen wen, sagt er leicht verbittert.

Wir sitzen in seiner leicht versifften Kifferbude auf der Couch, durch die runtergelassenen Jalousien, die anscheinend selten hochgezogen werden, durchdringen Sonnenstrahlen den Raum. Wir machen sowas wie Frühstück, es gibt kalten Nesquik aus Trinkpäckchen, er hat Brötchen von der Bude 400 m weiter geholt, dort fährt er sonst nur mit dem Auto hin, erklärt er mir. Es gibt Curryaufstrich, aber mir ist nicht nach Curryaufstrich, ich esse ein halbes trockenes Brötchen. Mir fällt auf dass ich seit bestimmt zwanzig Jahren kein Nesquik mehr aus einem Päckchen getrunken habe, frage seit wann der Strohhalm einen Doppelknick hat. Oh man, du hast das wirklich seit zwanzig Jahren nicht mehr getrunken, stellt er fest und schaut mich erstaunt an. Wir schauen uns ernst in die Augen.
Wir erzählen Stories, kurze und knappe, was so passiert ist, ob man für Krieg oder Frieden ist, seit wann der Strohhalm den Knick hat, wie schlecht mir vom Saufen ist, ob man dann hunger auf Fleisch hat, wie schlimm bei wem von uns die Spielsucht eskaliert ist, und der Alk, was die Freundin M macht, was man sonst so macht, ich erzähle kurz von der Arbeit, das Thema meiner Mutter liegt im Raum, ich möchte aber nicht thematisieren. Wie sehr wohl Olympia an mir vorbeigeht, ja, bei Alex (ein Freund von ihm, weiß aber nicht genau wer) auch. Er legt noch eine Platte auf. Neue Anlage. Ah. So sitzen wir da und ich fühle mich wohl. Die Musik ist wie eh und je hervorragend, eine vertrauensvolle Stiummung liegt in der Luft. Mir ist schlecht, aber ich fühle mich gut. Wie gut war die Entscheidung mit ihm die letzten Stunden auf dem Festival zu verbringen, wie gut fühlte sich dieser spontane heiße Kuss Mitten in der tanzenden Masse an, wie schön war es ihn zu treffen. Und wie perfekt dass er mit dem Auto da war, ich nur einsteigen musste in die Zuhälterkarre, kein weiter Nach-Hause-Weg mit gefühlten eine Mio Bahnen. Einfach einsteigen, einfach aussteigen, in die Chaoswohnung, aufs Klo, ins Schlafzimmer, einfach ausziehen und dabei nach einem Nachthemd fragen, oder ein TShirt würde es auch tun und ins Bett fallen. Was wünscht du dir? fragt er als ich da so in seinen Armen liege. Schlafen, antworte ich ehrlich und offen raus. Ich falle in seinen Armen in einen tiefen tiefen Schlaf noch ehe ich über meinen schäbigen String oder darüber dass ich bestimmt ohne Aufbissschiene knirschen werde, nachdenken kann. Als ich nach gefühlten zwölf Stunden aufwache fällt mir beides direkt ein. Und er liegt plötzlich auf der anderen Seite. Und mir ist schlecht. Ich habe von ihm geträumt. Ich erzähle ihm den Traum: seine Mutter hat gesagt, ich könne jetzt ja wohl mal bitte das Wohnzimmer und die Küche putzen, denn dort hätte ich Organgensaft verschüttet. Ich lache: wie klasse, ich schlaf bei dir und träume auch direkt von dir! Es ist kuschelig und ich freue mich - ein Sonntag morgen und ich muss nicht alleine aufwachen. Es fühlt sich gut an in seiner Nähe auch wenn es halt ein siffiges Kifferbett ist. (Ich wollte gerade schreiben: Sie kennen diese Wohnungen von jungen Männern die kiffen und alleine wohnen. Aber dann fiel mir jetzt ein, dass Sie das wahrscheinlich und hoffentlich nicht kennen und das ist auch gut so. Ist jetzt aber auch nicht sooo schlimm. Ist halt kein frisch bezogenes Bett. Naja, egal, wollen wir nicht weiter drüber nachdenken. Auch nicht über die Badezimmer solcher Männer). Es fühlt sich gut an bei ihm im Arm. Vertrauensvoll, kuschelig, relativ erwartungslos. Das war auch das was ich auf dem Festival beim Gehen direkt gesagt habe: ich kann dir nichts versprechen, keine Erwartungen erfüllen. Das Schöne: es war ok. Es war einfach ok für ihn. Sicherlich hätte er gern mit mir rumgevögelt. Ich weiß auch dass er mich als Topfrau ansieht. Ich hole jetzt nicht noch weiter aus warum - ach doch, muss ich doch, sonst ist die Story unvollständig (hätte ich doch lieber die Urlaubsstory genommen!!!). Break

Wir liegen im Bett, ich erzähle von meinem Traum, frage ob er nicht vorher auf der anderen Seite gelegen hätte, ja, er sei mehrmals aufgetanden, eine Freundin war auf dem Festival verloren gegangen, keiner konnte sie erreichen, sie bringt sich schon mal in Schwierigkeiten, na ja. Wir liegen so rum, erzählen was. Ich spüre seinen steifen Penis hinter mir. Bemerke dass wir da ohne Beckdecke liegen, mein Po liegt frei. Ob man den schäbigen (wirklich den Schäbigsten aus meinem Kleiderschrank) Strin sieht, und ob der Tamponfaden da auch raushängt. Ich weiß, mein Po sieht gerde gut aus. Ich bin gut trainiert. Ich zupfe mir die Bettdecke etwas zurecht. Er fühlt sich gut an da hinter mir. Alles fühlt sich gut an. Aber mir ist schlecht und ich blute. Mir ist hier jetzt nicht nach rumvögeln. Oder doch. Hm. Ich bin zu rattig zum liegen bleiben und zu müde zum aufstehen, was nun?, fragt er. Ich sage einfach nichts und er schlägt irgendwann vor Brötchen zu holen. Nicht enttäuscht oder so, schon ok irgendwie. Vielleicht hat er ja doch den hellblauen Faden gesehen, denke ich mir. Er verlässt die Wohnung und ich gehe ins Bad. Versuche nichts zu sehen, denn mir ist ja schlecht. Ziehe mir an was ich so mit habe, also das Outfit aus der Nacht, schönes blaues Top, mein Lieblingssommeroberteil. Tiefes Dekollté. Kann ich jetzt nicht ändern. Und dann sitzen wir da beim Frühstück und reden und es fühlt sich so gut an. Wir können in so kurzen Aussagen soviel klären, soviel erzählen, soviel aussagen. Man kennt sich, man versteht sich. Ich lasse mir nicht anmerken, dass ich von der anderen Freundin aus der Uni weiß wie schlecht es eigentich bei ihm läuft, in was für einem Lügenlabyrinth er sich gegenüber seinen Eltern verstrickt hat (er studiert immer noch, hat aber neulich erzählt, er sei jetzt fertig, worauf hin sie ihm ein dickes Auto geschennkt haben. Fakt ist aber, ihm fehlen noch drei Scheine und die Abschlussarbeit) und wie schlecht es ihm dabei geht.

Wann wir uns das letzte Mal gesehen haben überlegt er laut und ich überlege wirklich mit und plötzlich fällt uns fast gleichzeitig ein wann das war: letztes Jahr, so im Mai, ja, genau, da waren wir alle Feiern, ja mit allen, mit den den Jung, mit Sarah mit Steve und so...Wir schauen uns an und stoppen, mir geht ein Stechen durchs Herz und er weiß das. Stephan, ja, stimmt, vor gut einem Jahr...Wir reden nicht weiter darüber aber der Schmerz ist präsent. Die Enttäuschung. Auch für ihn. Ich weiß, ihm tat es damals weh, für mich und auch für S, er hätte uns das gewünscht.

Sicherlich hätten wir rumvögeln können. Sicherlich wäre es gut gewesen. Aber der einzige Grund warum am Montag keinen Absturz hatte, war eindeutig, weil ich es nicht mit ihm getan habe. Nicht bei diesem Wiedersehen. Danach, am Sonntag/Montag der Gedanke, dass ich in der Clique nicht die sein will, die jeder schon hatte, später dann jetzt ist schon klar, dass das mit St. eh durch ist, ein Drops der gelutscht ist. Und dennoch: wie gut mir seelisch dieses We mit einem Nicht-Fick tat.