Nachdem ich mich jetzt schon so gut wie für den Wechsel entschieden habe, kommen direkt die nächsten Herausforderungen. Ich kann meine Weiterbildung auf eine sehr hochwertige Weiterbildung anrechnen lassen, muss mich aber in Kürze dazu entscheiden, weil es bald schon los geht. Also quasi weitergeht (noch drei Weiterbildungstage, dann ist die aktuelle abgeschlossen). Was nun?? Wäre das der nächste richtige Schritt? Ich habe daneben noch ein paar andere Weiterbildungsideen. Es ist und bleibt alles zu viel.
Was ist das Problem? Was ist verdammt nochmal das Problem? Nachdem mein Kopf quasi noch nachraucht von all den vielen Überlegungen zu mir und zu der aktuellen Situation im Job, in der Familie usw. und jetzt irgendwie wieder sowas wie Klarheit einkehrt, wurde mir gerade auf der Autobahn (quasi sogar die neue Strecke!) auf einmal klar, was tatsächlich das Problem ist: ich habe Angst alleine zu bleiben. Und dann überlege ich, wenn ich jetzt die nächste (wahrscheinlich recht zeitaufwendige) Weiterbildung direkt weitermache (wird dann erst in der Form wieder in zwei Jahren angeboten), wieviel Freizeit bleibt dann noch? Jage ich jetzt eine Weiterbildung nach der nächsten durch, vielleicht sogar zwei parallel und dann stehe ich irgendwann in ein paar Jahren da und denke mir: och, dieses Familiengründending ist dann irgendwie an mir vorbeigezogen.
Pappelapapp klarer Kopf - viel zu fertig, viel zu müde--------jetzt Schritt für Schritt. Nächste Woche erst mal noch Details zur neuen Stelle abklären und aushandeln (definitiv mehr Gehalt weil sonst die jetzt kürzliche Gehaltserhöhung direkt für Fahrtkosten draufgeht, außerdem mindestens zwei Wochen Urlaub zwischen Wechsel weil ich a) einen cut dazwischen brauche und b) wirklich urlaubsreif bin) und dann weitersehen. Jetzt erst mal zur Ruhe kommen, schlafen, tief und fest und am besten acht Stunden schlafen...
Nach meinem Eindruck wäre die Frage, ob Sie neben der Weiterbildung noch genug Zeit haben, sich zu erholen (ohne Freizeitstress), noch wichtiger als die Männer- und Familienfrage.
Wenn ich die Stelle wechseln sollte, werde ich kaum noch Überstunden machen müssen.
Die Weiterbildung ginge über ca. ein Jahr, ein We im Monat und das ganze wäre zehn/fünfzehn Minuten fußläufig von mir zu Hause entfernt. Andere Leute machen auch Weiterbildungen nebenbei, das muss ich doch auch schaffen. Und gerade beim Laufen (länger als 30 Minuten macht seltsamerweise das Knie immer noch nicht mit, Fuß total unproblematisch, Muskeln und Fitness ebenso) habe ich mir dann überlegt: was will ich überhaupt, oder was schaffe ich überhaupt. Es macht mich traurig, denn vom Können her, also im Sinne von Kompetenzen, wäre wahrscheinlich ganz viel möglich. Ich habe in einigen Bereichen richtig viel drauf, das ist richtig klasse. Aber was schaffe ich überhaupt und was habe ich in den letzten zwanzig Jahren geschafft. Da ging so viel Energie drauf um überhaupt klar mit mir selbst zu kommen, um mich irgendwie vorm Absturz zu bewahren. Manchmal denke ich, es grenzt an Wunder dass ich Abitur, einen Studienabschluss und einen sicheren Job erreicht habe.
Und all der Kummer, der hört nicht richtig auf. Und dann fiel mir beim Laufen gerade so ein, dass ich vielleicht einfach aufhören sollte nach irgendwas mit Erfolg und so zu streben. Dann ist das eben so, dass ich mein Potential nicht voll ausschöpfe in diesem Leben. Vielleicht sollte ich mich einfach freuen, dass ich wirklich gute Freunde und viele liebe Menschen um mich herum habe, mich über Kunst, Musik, Natur erfreuen kann. Spaß an mir beim Sport habe. Eine Nacht durchtanzen völlig genießen kann. Mich mit meiner Mutter wirklich ausgesprochen habe. Mein Vater und ich einen liebevollen Umgang mittlerweile haben.
Vielleicht sollte ich einfach aufhören danach zu streben, etwas zu erreichen. Vielleicht habe ich für mich schon viel erreicht.
Aber ich komme mir so doof vor. Alle machen Karriere oder kaufen ein Haus und gründen eine Familie. Und alle fragen, was ich denn mache. Manchmal würde ich am liebsten antworten: mach das durch, was ich durchgemacht habe und dann zeig mir wo du stehst. Ich komme mir so schwach, so verlierermäßig vor. Und im Nacken immer wieder diese Angst völlig abzustürzen.
Gehaltserhöhung und Urlaub bei Stellenwechsel so gut wie geklärt, btw.
Sie haben schon sehr viel mehr erreicht als andere, insbesondere im Hinblick auf Ihre Eltern.
Woher kommt bloß dieser ganze Druck, unter den Sie sich selbst dauernd setzen? Und warum haben Sie solche Angst, völlig abzustürzen? Was heißt das eigentlich, völlig abstürzen?
Andere Leute machen auch Weiterbildungen nebenbei, das muss ich doch auch schaffen.
Lassen wir 'mal all das Müssen beiseite - hätten Sie Freude daran, den Stoff der Weiterbildung dazuzulernen? Das Sie keinen weiten Weg hätten und es mit einem Spaziergang verbinden könnten, klingt an sich gut. Wie viel Zeit wäre denn erforderlich, den Unterricht vor- und nachzubereiten?
So gut wie keine Vor- und Nachbereitungszeit. Mir macht das großen Spaß und ich kann das auch recht gut. Das ist für mich wie Therapie. Das tut mir richtig gut. Ich werde das wohl einfach machen.
Völlig abstürzen heißt für mich irgendwas Richtung Klappse. Durchdrehen. Und dann mit Medkamenten ruhig gestellt werden. Mein absoluter Albtraum. Und manchmal fühlt sich das für mich so nahliegend an. Dieser komplette Zusammenbruch. Ich habe richtig Angst davor. Dieses irgendwann nicht mehr stark sein können, Zähne nicht mehr zusammenbeißen können, völlig erschöpft aufgeben müssen. Und da dachte ich mir eben heute: ich muss die Parameter ändern, die ich ändern kann. Und das ist nur meine Einstellung, dieser seltsame Druck unter den ich mich setze. Aber ich komme da nicht hinter.
Ja, machen Sie mal. Ich bin mir sicher, Sie werden auch das sehr, sehr gut machen. Sie sind nämlich alles andere als eine Versagerin, Sie wissen das nur selbst nicht. :-)
So ein seltsamer Druck, fällt nicht vom Himmel, sondern hat oft mit offen ausgesprochenen oder unterschwelligen Botschaften zu tun, die man als Kind bekommen hat. Mitunter geschieht das gar nicht mit böser Absicht, ein emotional abwesender bzw. emotional nicht erreichbarer Elternteil vermittelt einem Kind leicht dieses Gefühl, nicht gut genug zu sein. Ganz egal, wie es sich bemüht, es reicht nie, um ihn oder sie tatsächlich zu erreichen.
Zähne zusammenbeißen - höre ich da etwa eine Botschaft aus der Kriegsgeneration? Das kommt mir jedenfalls sehr bekannt vor. Meine Eltern waren Kriegskinder.