Honigdusche
Habe lange nicht mit Überschriften oder Titeln geschrieben. Es kam mir irgendwann so einengend vor. Und generell kann man beobachten: es geht der Trend zum titellosen. Nun denn, die Honigdusche steht heute dennoch recht gut da.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die erste Beerdigung in meinem Leben, die ich bewusst erlebte oder vielmehr: von der ich was mitgenommen habe. Es war die zweite Beerdigung die ich erlebte. Die Erste soll jetzt aber auch erwähnt sein, es war die Uroma. Ich hatte eine Uroma. Die Uroma war die Mutter von meinem Opa, mütterlicherseits. Ich erlebte die Uroma als Kind noch richtig mit, sie lebte eben bei Oma und Opa. Sie war uralt. Als Uroma (so nannten wir Kinder sie auch) machte sie jetzt nicht mehr viel her für uns, sie war einfach alt und war einfach immer dabei. Sie hatte immer Kekse und Schokolade. Sie hörte schlecht und sprach auch nciht viel. Als Kind fühlte ich mich nicht eng verbunden mit ihr - sie war halt einfach da. Oma und Opa waren aber fast immer in der Nähe. Die Uroma war aber für meine Mutter die Oma. Sowohl meine Mutter wie ich kamen in den Genuss von viel Großeltern. Und diese Oma meiner Mutter schenkte meiner Mutter beispielsweise zur Hochzeit ein Geschirr, welches seit einigen Jahren im moma ausgestellt wird. Es ist schwarz-weiß, eine Mischung aus schlicht und extravagant. Es ist "das richtig gute Geschirr" in meinem Elternhaus. Ich kenne die Erzählungen von meiner Mutter und von meinem Vater (getrennt) wie es damals war, als sie mit dieser Oma in die Stadt fuhren, in das entsprechende Porzellangeschäft gingen und ihr das Geschirr zeigten. Sie fand es irgendwie seltsam - das soll es sein??, nun gut, sie öffnete ihre Handtasche in der das viele Geld so lose lag, legte die vielen Scheine auf den Tisch und zog alleine weiter. Diese Frau ging gern in die Stadt. Die andere Oma meiner Mutter war da gnaz anders. Sie kam als Karrierefrau aus Danzig und belächelte diese Stadt: das soll eine Stadt sein?? Wo ist der Hafen?? Wo sind die großen Kaufhäuser, wo sind die Boutiquen?? Sie kannte nur Weltstadt. Sie war gelernte Schneiderin und ging bis zum Ende stets mit Handschuhen raus. Eine feine Frau. Eine wirklich feine Frau. Und gebildet. Ein totaler Kontrast zu der eben beschriebenen Frau. Ich glaube die Uroma konnte nichtmals richtig schreiben.
Jedenfalls! erinnere ich mich sehr gut an die Beerdigung von meinem Opa, dieser ältestes Sohn von eben dieser Frau, die vllt nichtmals schreiben konnte, die im Dorf aufwuchs und auch nur dieses Dorf kannte, dieser Mann der meine Oma heiratete, eine Tochter aus einem auch einfachen aber dabei sehr gebildeten und weltoffenen Haushalt. Auf der Beerdigung meines Opas hörte ich zum ersten Mal bewusst, dass es für alles eine Zeit gibt. Der Pastor las den ganzen Text gut und langsam vor, ich konnte dabei mitdenken. Es gibt für alles eine Zeit. Auch wenn ich wirklich katholisch erzogen bin, kann ich den Text jetzt nicht mehr auswendig, aber was hängen geblieben ist, ist eben dies, dass es eine Zeit für Freude und eine Zeit für Tränen gibt, dass es stets bergauf und bergab geht, dass es Phasen gibt. Phasen, das ist mein Stichwort. Nicht alles ist scheiße, sondern es gibt Scheißphasen und es gibt gute Phasen.
Und ich habe in den letzten Monaten nochmal genau gelernt: auch in den Scheißphasen kann man Ressourchen aufspüren. Heute war Abschluss der Weiterbildung und ich schäme mich fast für den niedrigen Preis - das Ding war so gut, dafür hätte ich auch mehr gezahlt. (tbc)
Prediger, Kapitel 3,
Vers 1-11. Pete Seeger hat es dann vertont ("Turn! Turn! Turn! (to Everything There Is a Season)"), am bekanntesten ist die Version von The Byrds.
Viel zu viel getrunken hatte ich am Donnerstag, es war wie ein Feiern, dass es mir wieder besser geht. Gestern wachte ich dann um sechs auf. Ich kann nicht lange schlafen wenn ich trinke. Ich kippte eine Portion Vomex und schlief halb weiter bis zehn halbelf. Plötzlich wurde es stressig weil der Zahnarzttermin schon um halb zwölf anstand. Ich war immerhin pünktlich. Ich verbrachte fast zwei Stunden im Schuhgeschäft. Ich zahlte zweihundert euro. Ich hing eine Maschine Wäsche auf, aß schnell was vom Biobäcker und kam irgendwie pünktlich zur For*tbildung. Thema Krise*nintervention. Erst späte am Abend zu Hause stelle ich fest, wie mich das Thema aufwühlt - bewältige ich doch immer wieder selbst echte Krisen. Heute morgen ging dafür viel zu früh das Diensthandy, ich telefoniere statt Zeitung zu lesen mit Kollegen, mit Chef, mit Quasikollegen - wuppe irgendwie eine Krise in der Firma indem ich vor der Fortbildung zwei Firmensitze abfahre um irgendwelche Schlüssel zu besorgen und zu überbringen. Wieder sitze ich dennoch pünktlich in der Fortbildungsrunde. Wie sehr platzt mein Kopf, wie wenig sieht man mir das an.
Schließich kommt die Honigdusche. Zehn Minuten höre ich zu wie vier Kollegen über mich sprechen. tbc
"weiß was sie will, hat einen Masterplan, hat Resourcen und Stärken um diesen Masterplan durchzusetzen, kann aber diesen Plan auch verändern/anpassen, ist strebsam, sie ist zielstrebig und ehrgeizig und dabei mit Werten verbunden, sie hat einen sehr guten Humor, sie kann sich auf neues einlassen, ist offen, kann neues bei sich einbauen, und sie kann sich immer wieder berappeln, aus der Asche auferstehen, sie kennt ihre Grenzen, sie erkennt ihre Grenzen, sie kann sich für andere einsetzen, ja fast aufopfern aber sie weiß wann sie dann an sich selbst denken muss, sie findet Balance, weiß, was ihr dann gut tut, Sport und so, sie hat einen ausgewählten Freundeskreis, sie weiß zu netzwerken, sie weiß auf Fremde zuzugehen, findet stets die richtige und passende Ansprache, das ist auch was mit Emphatie und sie kann sich schnell auf neue, spontane Situationen einlassen, sie kann wichtiges von unwichtigem unterscheiden und ist sehr nüchtern dabei, sie kann bewusst ihr Verhalten ändern, der Situation anpassen, steuern, sie hat einen guten Humor, kann sich auch manchmal selbst nicht so ernst nehmen. Sie ist diszipliziert und kann sich gut selbst regenerieren. Ihre Konsequenz ist stets mit Reflexion verbunden, eine wache Haltung mit Flexibilität. An guten und beständigen Sachen hält sie fest" <3 Honigdusche.
Nach der Honigdusche lasse ich mich treiben...schaue eine letzte Runde Fußball in der Kneipe...trinke noch ein Bier draußen...lausche fremden Gespräche...treffe seltsamerweise niemanden und ich denke mir: alles ist gut und alles hat seine Zeit. Ich beobachte Jugendliche oder junge Studenten (ich stelle fest dass ich da nicht mehr unterscheiden kann, erst wenn ich Gespräche belausche höre ich ein Alter raus - 18 oder 23: die sehen alle gleich aus). Ich sehe sie voll aufgehen und tanzen. Ich weiß: früher tanzte ich an der Stelle. Jetzt werde ich gesiezt, in der Kneipe, am Bierstand. Man fragt mich ob man den freien Stuhl da nehmen könnte. Ja. Ja, ich bleibe alleine, antworte ich nciht laut. Auf dem Heimweg sprechen mich siezend Jungendliche an, ob ich wisse wann der Schnellbus fahre. Nein, aber die Haltestelle ist da vorne. Es ist ok. Es fühlt sich gerade so an, als sei es wirklich ok.
Letzten Endes muss ich nur schauen dass Bewegung da ist. Die neue interne Stelle. Die Bewerbung auf die tolle Stelle. Das Buchen der nächstn Weiterbildung (aufbauend auf die Aktuelle, geht direkt Ende Mai weiter), buchen von Urlaub und vielleicht auch einfach Kaufen von guten Schuhen.