Omg, ist das alles heftig. Es ist sooo geil!!! Es fühlt sich an als würde der liebe Gott sagen: so, carlie.o., es ist soweit, du hast jetzt so lange und gut die Zähne zusammengebissen, jetzt bist du soweit.
Ich schäme mich dafür, dass ich verkatert zum Vorstellungsgespräch gegangen bin. tbc...
Ich erspare Frau Geschäftsführerin eine Verhandlung, die sie nicht führen kann und breche beim ersten Angebot direkt ab: Wir sprechen über zehnt. mehr im Jahr, ich nehme an wir brauchen nicht anfangen zu verhandeln, weil sie nicht mithalten können, ja? Ja...Ich führe das Gespräch. Ich habe nie zuvor ein so krasses Gespräch geführt. Meine Standpunkte sind eindeutig und nicht verhandelbar. Mein Gesichtsausdruck wechselt von herzlichen Lächeln, wirklich aus dem Herzen kommend, in knallharte Züge. Die Lockenmähne ist streng zurückgebunden. Jeder Satz ist klar. Und ich habe dieses Fingerspitzengefühl. Lenke so, dass sie ihr Gesicht bewahren kann. Lege ihr Worte in den Mund, mit denen sie sich später vor der restlichen Führungsriege verantworten kann. Sie kann nicht gut Gespräche führen. Oder ich bin mittlerweile so gut geworden. Mein erster Satz war direkt und klar: ich habe ein Angebot dass ich annehmen werde, es ist das und das da und da. Nein, das ginge gar nicht, das kommt gar nicht in Frage, dass ist unser Erzfeind (ich erfahre später dass die alte Firma der Neuen juristisch ans Bein pissen will wegen einem Produkt, mit dem ich im neuen Job zum Glück nichts zu tun habe). Es muss ein Schock für sie gewesen sein.
Oh man, das ist alles so krass, ich kann das gar nicht in Reihenfolge aufschreiben....
Da ich das Gespräch lenke, kommen wir auf einen guten Zweig. Ich betone die andere Tätigkeit, dass das genau das ist, was ich schon immer als Ziel vor Augen hatte. Betone, dass ich sehr wohl weiß, dass ich auch im Saftladen Perspektiven hätte (nicht) aber dass ich wenn ich mich entscheiden muss, ich weiß dass diese andere Tätigkeit viel viel mehr mein Ding ist. Als sie wie gesagt verhandeln will, sind meine Worte ganz direkt. Ich wäre auf Verhandlungen eingegangen, wenn das Vorstellungsgespräch in dem neuen Laden nicht so sympatisch gewesen wäre, wenn ich dort ein nicht so verdammt gutes Gefühl gehabt hätte. Und es war verdammt gut: ich verkatert, zehn Leute vor mir, auf genau die Fragen war ich nicht vorbereitet, zog aber einfach alle Register, war einfach nur authentisch (mir blieb ja mangelnder Vorbereitung nichts anderes übrig) und es lief, und es fühlte sich gut an. Es fühlte sich einfach gut an. Ich war einfach nur ich. Und die Entscheidung von denen, die eigentlich drei Wochen dauern sollte, fiel binnen eines Arbeitstages. Es sieht so aus als wenn es einfach passt. Ich kenne sowas nicht mehr. Dass irgendwas einfach passt.
Jedenfalls wurde ihr wohl schnell klar, dass ich bereits meine Entscheidung getroffen hatte. Mir ging es jetzt nur noch darum, dass ich meinen kompletten Resturlaub bekomme und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus dem Vertrag rauskomme. Ich setzte komplett auf Vertrauen. Und ich wusste vorher ja schon insgeheim, dass ich das richtig einschätze. Diese Frau und ich, wir konnten einfach von Anfang an. Sie bekam Panik, da bei uns zurzeit mega Hochphase läuft. Ich zählte ihr genau auf, wie gerade der Stand der Dinge ist, welche Produkte wie laufen und wie ich welchen Absatz wie einschätze. Zählte auf welche Marketingstrategien ziehen und welche nicht. Erläuterter genau, was im meinem Team bis wann noch zu tun ist, dass ich bei den anspruchsvollen Terminen noch da sein werde, dass ich natürlich bis zum letzten Tag einhundertfünfzig Prozent geben werde, dass mein Nachfolger wirklich großes Potential hat (hat er wirklich, hat deswegen aber auch den Saft an dem Laden schon binnen einer Woche durchschaut - habe ich natürlich nicht gesagt) uswusf. Ich stelle den neuen Kollegen gut dar und auch die liebe Kollegin. Sie wollte nun direkt den Chef anrufen (also meinen Cheffi, ihr unterstellt) um alles weitere zu klären. Ich blieb cool und ruhig sitzen, holte sie runter. Ich begann meine Ausführungen über den Chef damit, dass ich ihr das jetzt vertraulich erzählen würde und sie bitte möchte mit folgenden Informationen nicht nur vertraulich sondern auch sensibel umgehen und erläuterte ihr, dass ich eine schlaflose Nacht gehabt hätte ob der Frage ob ich meine Entscheidung zuerst ihm oder ihr kund tun solle. Und dann begab ich mich aufs Glatteis. Ich erzählte ihr, wie gut er und ich uns verstehen, dass wir eine sehr offene Kommunikation hätten und dass ich denke, dass wenn man miteinander reden kann auch jedes Problem lösen kann, selbst wenn es mal großen Streit gäbe. Ich führte weiter aus, dass wir uns mögen würden und sehr gut zusammen arbeiten könnten und dass ich aber auch seit einigen Monaten feststellen musste, dass er schwimmt, keine Entscheidungen mehr klar trifft. Und dann waren wir plötzlich Freundinnen. Ja, sie hätte das auch schon bemerkt, dass er nciht mehr hundertfünfzig Prozent bei der Sache wäre...ob ich darauf angesprochen hätte....
Ja, habe ich, mehrmals. Was hat er gesagt? Sie kenne ihn doch...er sagt dann nichts...[mache seine Gestik nach - ich kann sowas]...und da saßen wir da wie zwei alte Freundinnen die sich Sorgen um diesen lieben kleinen Mann machen, dem gerade anscheinend alles über den Kopf wächst. Sie hätte Angst dass er sie nicht um Unterstützung bitten würde obwohl er sie bräuchte. Hm...wir überlegten.
Orr, alles so detailreich, ich schreibe das ein anderes mal weiter auf.
Also letzten Endes darf ich jederzeit zurückkommen, klappt das mit kündigen außerhalb der Frist höchstwahrscheinlich und mit kompletten Resturlaub auch. Ich habe mir den Erhalt der Kündiung (danke nochmal, excellensa) nicht quittieren lassen - hätte Misstrauen geschürt.
Frau Geschäftsführerin rief ihn nicht an, ich klärte mit ihr dass ich es ihm sagen wollte. Als ich ihn später endlich traf, wir erst zusammen in einer Sitzung saßen und er dann schnell weg zum Anschlusstermin musste, hielt ich ihn auf. Schob ihn in sein Büro. Schloss die Tür. Empfahl ihm sich zu setzen. Zweimal. Er lehnte sich nur an den Besprechungstisch an. Ich wieder ganz klar: Ich war bei dingens gerade und habe gekündigt. Oh nein..antwortete er völlig besiegt und für einen Moment hatte ich Sorge er würde anfangen zu weinen. Danach musste er die fünfundvierzig runterrasen. Heute erfuhr ich, dass er den Termin dort mehr schlecht als recht gewuppt hat. Heute morgen kam er nicht. Aber eine Mail. Dass es ein Schock für ihn gewesen sei und dass es aus unternehmerischer Sicht ganz übel wäre dass ich ginge aber er mir aber auch sagen möchte, dass es für ihn auch schlimm sei, weil er mich als Mensch so schätze und mochte. Ich antwortete spontan ein nacktes "dito". Da ist es wieder, dieses irgendwie mehr. Ich bin heilfroh dass dieser Mann verheiratet ist und drei Kinder hat. omg. Die Ereignisse überschlagen sich einfach. Alles zu viel. Und dabei so extrem gut. Und dann noch Zyklusmitte. Und dieses gutes Gefühl, das hatte ich seit Jahren nicht mehr, es ist fremd geworden.
"Und wenn ich jetzt sage: wir können ja Freunde bleiben! dann fühlt sich das wie Schluss machen an...." wird mein letzter Satz zu ihm sein.