Gefühlt den ganzen Abend lese ich hier nach, was wann war und was ich alles aufgeschrieben habe und was nicht. Es ist gerade alles einfach unheimlich aufregend. Und heilend. Die Kündigung tat mir dermaßen gut - ich erinnere mich nicht wann ich mich das letzte Mal so gut gefühlt habe. Heilsam ist es, das ist das passende Wort. Mir tut der Saftladen leid, mir tut der Chef unheimlich leid (steht ganz kurz vorm burnout, hatte gestern abend bei einem gemeinsamen Termin Sorge dass er zusammenbricht), mir tun meine Kunden leid, mit tut mein Nachfolger leid (der ist so geil! Der ist so wie ich, nur viel intelligenter. Habe ihn gestern eine Stunde lang gecoacht für ein Vorstellungsgespräch in einem super Laden, das Gespräch war gestern Abend und ist eins a gelaufen, er hat sich heute nochmal richtig bedankt, sagte, er hätte das ohne mich nicht geschafft) - also quatsch, der Junge wird im nu was besseres finden. Aber mir tun diejenigen Leid, die dass das alles nicht blicken, die sich selbst belügen und dadurch leiden. Nun denn, die sind alle gesund und akademisch und ich kann nicht die ganze Welt retten. Um den Chef kümmere ich mich ein bißchen. Um den Nachfolger auch, ok. Und um die liebe Kollegin auch, ja, aber das wars dann in dem Saftladen. Wobei...ich überlege nach oben nochmal eine Zusammenfassung zu schicken, bei welchen Projekten noch was im argen liegt, aber mal sehen. Jedenfalls alles sehr aufregend und heilsam gerade.
Mein Körper ist enorm fit und trotz kleinem Bierbauch mag ich meinen Körper gerade sehr. Zehn km laufe ich wie im Spaziergang runter, zwanzig Liegestützen sind gar nichts und sechzig situps mache ich mindestens einmal täglich. Ich schaue in den Spiegel und mag mich. Die Haare sind extrem lang geworden, ich muss nochmal zum Friseur zum nachschneiden, die müssen noch Masse aus der Wolle rausnehmen. Zu viel schwere Lockenmähne. Meine Fingernägel sind stets in der Urlaubsfarbe gelackt.
Mein Patenkind hatte die Woche Geb. Ich textete ihn an, gratulierte. Er fragte ob ich abends auf ein Bier ins Kneipenviertel käme. Ich sagte vorsichtshalber ab, da gerade zu viele Termine auf der Arbeit. Er antwortete mit schade, aber dass er das verstehen würde. Aus dem schade hörte ich irgendwie raus, dass ich ihm wichtig bin, dass ich in seinem Leben oder zumindestens an seinen Geb dazugehöre. Es war so ein Bauchgefühl. Ich wollte der nach der Arbeit kurz bei meinen Eltern vorbei, leckeres Essen wartete auf mich und dann bog ich auf dem Heimweg nicht in meine Straße ein, sondern fuhr weiter richtung Kneipenviertel. Ich traf ihn mit seiner Freundin und seinen Eltern in einem Lokal, er freute sich. Ich erzählte von der neuen Stelle (seine Mutter ist meine Patentante, kl Schwester meiner Mutter) und alle freuten sich mit mir. Die Freundin ist - das kann ich jetzt gar nciht so schreiben, das ist sicherlich politisch unkorrekt - so ein Vollweib. Mindestens einen Kopf größer als er, mindestens zwei wenn nicht drei Körbchengröße mehr als ich, bißken füllig. End kommunikativ und offen. Dirket gutes Gespräch am Start. Die Eltern hauten dann ab. Ich konnte aber nichts mehr trinken weil ja eben mit Auto am Start. Spontan lud ich die beiden zu mir ein. Wir fuhren zu mir, ich mixte Cocktails und wir hingen auf meinem Balkon ab. Es war wirklich schön.
Ich habe stets versucht Familienstreiterein zw ihm und mir außen vor zu lassen. Er spricht mich manchmal auf was an, ich sage ihm meine Sicht, sage dass ich die Sicht der anderen verstehe und gut ist es. Er ist sehr intelligent. (Er ist hochbegabt!). Als die beiden dann gingen, ging sie nochmal zum Klo. Er schaute mich an als wir so alleine da standen und sagte, dass das ja jetzt schön gewesen sei dass ich doch noch Zeit gehabt hätte. Ich sagte, dass ich die nicht gehabt hätte sondern mir genommen hätte. Wir umarmen uns. Und ich spüre ganz deutlich: ich bin wichtig für ihn in seinem Leben. Und diese Beziehung ist unabhängig von all den Streitereien die es sonst in der Familie gibt. (Mein Vater geht gerade in einen Rechtsstreit mit seinen Eltern, geht um Oma, rip, lange Geschichte...die haben das glaube ich noch nicht gecheckt.). Die Umarmung fühlt sich an wie Lorbeeren die ich nun endlich ernten kann nachdem ich mich neunzehn Jahre lang als Patin bemüht habe, diesem Jungen einfach nur zu signalisieren, dass ich für ihn da bin, egal was sonst im Umfeld abgeht. Auch das, auch dieser Moment und diese Erkenntnis: unendlich heilsam.
Seine Freundin ist ne klasse Frau. Sie kennen sich vom Studium (Physik). Offen und direkt und klar und selbkritisch und selbstsicher und dabei symphatisch.