Das Gefühl nicht wahrgenommen zu werden hängt nach. Wir telefonierten heute und sprachen nochmal kurz darüber, dass wir uns immer besser gegenseitig kennenlernen und dass da was passiert. Am Ende sagte er, dass er den Knall aus dem Urlaub aber immer noch nicht verstehen würde. Ich könnte kotzen.

Meiner Mutter geht es zunehmend schlechter, ich war heute dort. Sie kann immer seltener gut schlucken. Krass: sie nimmt mich wahr.




Schon als ich aus dem Wagen aussteige, rieche ich den Grillduft - ich habe richtig hunger. Der Wagen von der Dicken steht in der Einfahrt - ich wusste es und muss mich nicht mit einem überrascht-Gefühl rumplagen. Wir sitzen draußen. Überdachte, große Terrasse. Mein Elternhaus ist wirklich mittlerweile perfektioniert. Nun ja, er ist ja schließlich Architekt. Als Vorpeise schlinge ich ein Stück Erdbeerkuchen runter. Meine kurze, schnelle Laufrunde war intensiv. Die Pflegepol. schiebt meine Mutter auf die Terrasse. Und geht wieder. Sie hält sich oft zurück wenn ich da bin, das sei die Mentalität, meint mein Vater, wenn die Familie da ist, dann meint sie sie müsse uns in Ruhe lassen. Und ich bin dankbar. Muss doch nebenbei noch Gesprächsangebote von meinem Vater und der Dicken bearbeiten. Ich setze mich neben dem Rollstuhl, spreche meine Mutter an, sehe wie sie durchhängt, will ich was zu trinken geben und alles läuft wieder aus dem Mund raus. Ich stelle das Getränk zur seite und hoffe einfach, dass sie heute schon genug getrunken hat. Erzähle ihr was. Versuche sie nicht besorgt sondern freudig anzuschauen und anzusprechen. Das es ihr schlecht geht weiß sie selbst, da brauch es nicht einen besorgten Gesichtsausdruck meinerseits. Vielmehr will ich ihr was Gutes geben. Ich erzähle, schmuse meine Wange an ihre, lache sie an, flüstere ihr was ins Ohr. Die Dicke soll den Spargel anmachen, sagt mein Vater und ich werfe kurz zurück: uh, Spargel, wie siehts aus mit dir - los, mach den Spargel an! Die Dicke lacht und öffnet den oberstens Knopf ihrer Bluse um den Spargel anzumachen. Mein Vater schimpft darüber, dass kein kleines Handtuch bei meiner Mutter liegt (Spucke läuft nonstop aus dem Mund) und geht ab (ein Handtuch zu holen, könnte man meinen). Alles sind beschäftigt und wir haben ein paar Minuten Zeit alleine zusammen. Sie schaut mich an. Sie nimmt mich wahr. Ich erzähle. Ich halte ihre Hand. Sie greift danach. Ich schaue sie an: wie eingefallen mittlerweile das Gesicht ist, der ganze Körper. Irgendwann kommt die Dicke raus, meint, meine Mutter wolle mit mir sprechen, sie würde das sehen. Ich freue mcih. Freue mich dass sie einfach auf die Situation, auf mich eingeht, mir was gutes sagen will. Irgendwann kommt mein Vater auch wieder raus (ohne handtuch): oh, jetzt schaut sie dich aber genau an! Die Pflegefrau kommt auch, setzt sich auf den Platz neben meiner Mutter (ich bin kurz aufgestanden). Wir essen alle zusammen. Bevor ich nicht mehr kann, erfasse ich den Moment und verabschiede mich. Fahre zur Bank. Geld ist drauf.