Da ich morgen am späten Nachmittag noch eine wichtige Besprechung mit meinen Mitarbeitern moderieren (und vorher noch vorbereiten) muss, ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt um mich reinzuschreiben. Und sowas geht ja meistens bei mir mit reintrinken einher. Aber was ist schon der richtige Zeitpunkt. Für Gefühle.
Ich weiß nicht wo ich in den letzten Monaten war, wahrscheinlich stand ich einfach neben mir. Plötzlich ein Erwachen. Wegen Urlaubsreise im Juli wird kein Festival klappen. Und Grönemeyerkarten habe ich auch nicht. Panik. Im Internet schnell eine Karte besorgt (alle sagten es sei ausverkauft, ist es aber am Sa nicht). Freundinnen gehen mit Mutter und Schwester (großes Gönnen) oder mit Schwester und Schwager. Und die Bierfreundin meint nur: ach da waren wir doch schon mal.....fand´s du das sooo gut? wie teuer ist das denn? orr.
Orrr. Schnell klar: ich gehe alleine in den Innenraum (die anderen haben Sitzplätze). Ganz stark war ich in dem Moment als ich entschied, dass es mir alleine dort mehr Spaß macht als wenn ich noch jemanden überrede mitzukommen, der nicht so viel Lust darauf hat wie ich. Stark war ich in dem Moment, ja, ich kann da ja alleine feiern, bzw ist man ja nicht alleine - starker Gedanke in Zyklusmitte. In der Zyklusmitte ziehe ich auch sechs Klimmzüge aus dem langen Arm mal eben locker weg.
Jetzt sind ein paar Tage vergangen. pms habe ich gut überstanden (nur ein Ausraster in einer Besprechung und ich glaube einige waren dankbar weil sie auch ohne schlechte Hormone genervt waren) und dennoch bleibt da was Sensibles in den ersten Tagen des neuen Zyklus. Wobei mit dem Kopf arbeiten in den ersten Tagen am besten funktioniert - bei der Konferenz heute waren hochkonzentriert dabei und meine Beiträge führten zu guten Ergebnissen. Dennoch war der Tag anstrengend. Zu Hause lege ich seine Musik ein um mich einzustimmen für Samstag. Und plötzlich kommt mir das gar nicht mehr so schlau vor da Samstag alleine im Innenraum zu stehen. Ich denke an meine Mutter. Erinnere mich an die beiden Konzerte die wir zusammen erlebt haben, nach der Diagnose. Die Abende waren grandios. Wir waren zusammen, wir waren wirklich zusammen. Es gibt ein schönes Foto von uns was ich damals mit meinem Handy gemacht habe. tbc (zwischenspeichern)
Und plötzlich kommt mir das alles schon so lange her, als wir nach der Diagnose so viel Zeit miteinander verbracht haben, so viel geredet haben, alles besprachen, ins Theater gingen, zu Konzerten gingen, jede Minuten zusammen genießten. Und ja: es ist Jahre her. Jetzt hängt sie nur noch auf halb acht im Rollstuhl und weiß kaum zu schlucken. Und mir geht es gut. Ich bin so traurig dass sie das nicht mehr bewusst miterlebt hat, wie glücklich ich mit der neuen Stelle bin, dass ich die überhaupt habe. Und dass es den Herzmann gibt.
Und wahrscheinlich spürt sie es. Vor ein paar Tagen gab sogar "die Dicke" zu, dass meine Mutter auf mich reagiert. Hieß es doch vor einiger Zeit noch, dass das ja Einbildung von mir sein könnte. Und ich denke mir: selbst wenn es Einbildung von mir ist, sagt doch einfach dass ihr das so seht, wenn es mir doch gut tut. Es sehen so wenige in dem Umfeld meiner Familie wie sehr mir das mit ihr weh tut. Jeder ist nur mit seinem Schmerz beschäftigt. Meine Tante, die Freunde uswusf. Und alle wollen sich bei mir ausheulen und ich denke mir nur: das ist meine Mutter! Was meint ihr wie mir das wehtut! Und ich weiß auch: das gab es nie in dem Umfeld, dass es auch mir schlecht geht. Mir durfte es nie schlecht gehen.
Jedenfalls....
Jedenfalls höre ich die ganze Musik und ich denke an sie. Und frage mich wie ich dass alleine im Innenraum übererleben werde.
Ich werde nicht alleine sein. Das ist Heimspiel. Bei uns muss sich keiner alleine fühlen. So ist das hier. Ich werde mich nicht betrinken dürfen. Wobei: ich war mal alleine auf einem Reggaekonzert und bin umgekippt (zu schnell zu viel getrunken) und wurde sofort ganz peacy von fünf Leuten aufgehoben :-)
naja, ich bin ja mittlerweile schon groß, ich werde nicht untergehen.
Wo war ich in den letzten Monaten? Ist es schlimm dass ich nicht da war sondern neben mir stand? Ganz klar auch neulich das Erwachen wegen dem Herzmann: es ist nicht einfach. Und ich kann mir kein Leben mehr ohne ihn vorstellen. So geht Liebe anscheinend.
Ich habe einiges schleifen lassen in den letzten Monaten, ich konnte nicht anders. Ich überlege ob ich was verspielt habe.....
Wollte sie doch eigentlich einladen, endlich zusammen das Heimspiel erleben - es ist unglaublich, wobei ich das letzte Konzert zusammen auch schon sehr genossen habe. Es gibt noch Karten. Das Gästebett ist gemacht. Und das Bier steht kalt. Fußläufig. Zum Heimspiel. Fühl dich eingeladen.
Viel Bier, ja. Ein paar Tränen. Kein Absturz.
Immer wieder, immer öfter: wir hatten unsere Zeit. So sehr zehren wir davon. Ich bin sehr gespannt auf das Gefühl wenn ich an ihrem Grab stehen werde. Wie gehabt: Abschied auf Raten.