Stau-Ende
Die Verkehrssituation ist so anstrengend, dass ich überlege, das Radio auszuschalten, um mich besser zu konzentrieren. Stop and Go.
Ein Unfall, sie liegen auf der Standspur.
Wie so oft.
Als Ersthelfer schaue ich kurz hin - liegt da jemand? Oh, ein Kind ist da. Ok, steht sicher und unversehrt hinter der Leitplanke. Ich schaue wieder nach vorn.
Anscheinend alle gestresst - jetzt aufpassen, nicht zu dicht auffahren, kein Gas geben.
Wir stehen.
Wir stehen.
Ich schaue in den Rückspiegel.
Oh verdammt, der Benz sieht nicht dass wir stehen, er hat Tempo drauf, er wird in meinem Rückspiegel immer größer - was wird das?????? Das wird ein Unfall!!!
Ich schreie vorm Aufprall.
Ich sitze einfach nur in meinem Sitz.
Bammmm.
Mein Wagen rutscht nach vorne weiter.
Bammm.
Wir stehen.
Ich schaue auf mich hinab: lebe ich noch? Ich sehe kein Blut. Mein Herz rast. Zu schnell. So schnell wie noch nie. Kann ich es stoppen?
Ich sehe zwei Männer rumlaufen. Draußen.
Ach und die Musik läuft dann bei sowas einfach weiter, denke ich mir und schalte das Radion entgültig ab.
Der eine Mann klopft an meine Scheibe.
Alles ok, ich muss nur atmen. Schauen Sie nach der Frau hinter mir.
Ich atme.
Ich trinke wasser.
Ich kriege mein Herz nicht gestoppt. Bin gelähmt. Nicht aussteigen!
Ich bleibe einfach sitzen.
Schaue nochmals an mir runter: bewege Beine, Füße, Arme - scheint alles ok. Warum rast das Herz so schnell??? Es muss damit aufhören!!!
Irgendwann schaffe ich es sicher auszusteigen. Smalltalk. Mein Herz rast immer noch. Der Mann im Wagen vor mir ist sympathisch, alles ok. Die Frau vom Wagen hinter mir ist geschockt. Die Leute von dem Unfall davor kommen - was ist mit dem Kind??? Ich atme durch. Wir warten. Alle nett. Nachricht an Papa: bist du zu hause? habe schweren unfall, mir geht es gut, warte auf Polizei, melde mich gleich nochmal. Der Herzmann auf der Gegenspur von einem Termin unterwegs.
Alles zuviel.
Polizei. Abschleppwagen. Ich tröste die geschockte Frau.
Ich weiß nicht wohin mit mir und meinem Wagen hintendrauf. Noch keine Tränen. Und kein Plan. Wohin, fragt der Abschlopper? Zu mir nach hause. Er schaut mich an. Hält auf dem Standstreifen. Schaut mich wieder an. Erklärt mir, dass das so nicht geht, dass mein Wagen Schrott ist, dass ich den vor meiner Haustür nicht gebrauchen kann. Schlägt vor, wir fahren zu seinem Hof. Ich sage nur: ich weiß gerade nicht was richtig ist, ich habe keine Wahl als Ihnen zu vertrauen. Er sagt; allles wird gut.
Am gefühlten Arsch der Welt kommen wir an, laden meinen kaputten Wagen ab. ich brauche meine Sachen aus dem Auto!
Ich lade um in einen Leihwagen.
Drei vier Stunden nach Feierabend parke ich einen Leihwagen vor meiner Haustür. Tränen.
Tränen. Tränen. Tränen.
Das war am Mi abend. Mittlerweile kamen Schmerzen und blaue Flecken. Durchgangsarzt. Wegeunfall. Anruf vom Gutachter: Totalschaden. Anwalt angerufen (notar vom hauskauf, Termin direkt mo), dennoch Lehrauftrag gewuppt, Studenten klopfen am Ende, dann zum Herzmann, endlich umarmung, dann bei normalen Job gearbeitet, danach zu Papa ("die neue Pflegefrau ist spitze!!!"), dann Bier mit lieben Freund
Jetzt Bier zu Hause. Und darüber schreibe. Und Bier.
Und alles mit pms.