Kurz bevor ich schreibe spüre ich so eine Art Kribbeln in den Fingern und die ersten Sätze oder mindestens der erste Satz ist klar in meinem Kopf.
So auch gerade, vor zehn Minuten. Nur der erste Satz kam nicht richtig. Vielleicht sowas wie: wo soll ich anfangen, bei all dem was passiert ist? Da wo ich aufgehört habe? Wo habe ich eigentlich aufgehört? Was habe ich eigentlich aufgehört? Und was habe ich angefangen?
Ich habe dann mal nachgelesen wo ich aufgehört habe.
Ich habe den Unfallschaden fast komplett ersetzt bekommen,
über die Schramme im fetten Leihwagen (übrigens ein unmögliches Teil, dieser Einser) hat keiner mehr ein Wort verloren,
heute kam noch ein Brief vom Anwalt in dem er noch über einhundert-so-und-soviel mit der Versicherung streitet,
den neuen Wagen habe ich heute liebevoll gewaschen und bin echt happy mit ihm.
Die perfekte neue Pflegefrau kam nach ihrem Urlaub leider nicht zurück da sie selbst erkrankt ist, und so ist mein Vater nun seit Wochen alleine in der Pflege. Sehr schwer.
Die ckopfschmerzen von meinem Ehemann (!) - ich spoile schon mal - wurden erträglicher nachdem er zu dem Profi ging, der bei mir um die Ecke seine Praxis hat.
Die Geschosse auf mich im Job waren im nachhinein Eigentore der anderen.
Pms habe ich letzte Woche ohne Jammer-Schreiben ertragen.
Und die Sonne scheint. Ich laufe. Trapp trapp trapp. Und ich bin glücklich.
Und wo soll ich jetzt weiterschreiben? Von der minimalistischten Hochzeit ever, oder den Flitterwochen im VWBus, oder von der Situation bei meinen Eltern und der Dicken, oder von den Schwiegereltern, oder dem Schloss was nächste Woche unser ist und und und.....so viel passiert.......
Minimalistische Hochzeit zuerst, damit wir noch virtuelle Blümchen werfen können. :-)
Ich stand um 6 Uhr auf, denn das erschien mir realistisch um um elf als Braut bereit zu sein. Um zehn Uhr wollte ich losfahren. Von meiner Wohnung aus. Was ziehst du denn an?, fragte der Herzmann ein paar Tage vorher. Ach, sowas Weißes, sagte ich und machte eine Handbewegung in Länge des kurzen Kleides. Wir wollten direkt nach der Trauung mit dem Bus gen Frankreich starten. Also Camping-Urlaubs-Outfit. Du kannst ja ein weißes Hemd (zu der Freizeithose) anziehen, schlug ich ihm vor.
Mein ursprünglicher Plan enthielt meinen kurzen Lieblingsrock und ein schönes weißes TShirt. Die Lieblingsfreundin bot ihren Schleier an, denn das würde doch dazu gehören. Mein Outfit war schon komplett in meinem Kopf geplant, bis ich in der Woche vor dem Tag in der Mittagspause beim Friseur war und in der Fußgängerzone in eine billig Boutique reinschaute. Ich war bisher noch nie in dem Laden und habe auch gefühlt kein Teil von dieser Firma im Kleiderschrank. Doch da sah ich es: mein Kleid. Ich ging spontan rein, zog es an, ging vor die Umkleide, wow, das ist ja süß und passt wie angegossen, sagte ich Verkäuferin und ich ging zur Kasse. Wie teuer ist das denn eigentlich, fragte ich noch weil ich dass Preisschild vor lauter Durchgestrichenem nicht lesen konnte.
14,95. Ich zahlte.
tbc
Sie müssen jetzt Ihr Laptop oder Bildschirm einfach eben drehen. Das war jetzt so stressig das Bild hochzuladen, das ist unglaublich. Vor knapp drei Jahren war mein Laptop neu und lief einwandfrei. Jetzt ist mein Handy neu und der Laptop fängt an zu spinnen. Also jedenfalls war das das Kleid. Sieht etwas "sackig" aus, saß aber bestens.
Keiner wusste von dem bevorstehenden Tag. Ich hätte es hier schon geschrieben, wenn ich denn geschrieben hätte. Und "keiner" beinhaltete für mein Verständnis nicht die Freundinnen. Die Lieblingsfreundin. Und die neue Freundin von dem neuen Job (btw: jetzt bald drei Jahre....). Und die ganz neue Freundin die mich in den neuen Nebenjob reingeholt hat.
Die Lieblingsfreundin kam mit dem Schleier an.
Mit der Freundin von der Arbeit habe ich in der Mittagspause kurz geplant, was eine Braut braucht (was geliehenes, was altes usw.) - das ist einfach unglaublich: wir beiden können mal eben in der Mittagspause eine Braut fertig planen :-)
Und die neue Freundin von dem neuen Nebenjob, bei der war ich den Abend davor und habe mir aus ihrem Garten Lavendel für den Strauss pflücken dürfen. Wir machten Testfotos. Ich mit dem Lavendel. Plötzlich fielen ihr die perfekten Ohrringe ein. Ein Erbstück ihrer russ. Großmutter. Die gleiche Farbe. Perfekt.
Ich hatte also den gebrauchten Schleier, die geliehenen Ohrringe und der Strauss war quasi blau - bzw. gingen auch meine Ballerinas als blau durch. Wir hatten keine Ringe, weil es vor dem Tag wochenlang "alles zu viel" war und und wir nicht dazu kamen welche zu bestellen oder zu kaufen. Braut ohne Ring fand ich aber doof, daher trug ich einfach das Erbstück. Es ist der Ring meiner Mutter, den mein Vater ihr mit Brilliant oder Diamant (kenne mcih nicht aus, das bessere der beiden) mal schenkte und bei jedem Anlass einen neuen Stein hinzufügte.
Ich stand also um sechs Uhr auf.....
Ich sortierte meine Sachen für den Urlaub, räumte die Wohnung auf, duschte, holte den Wagen vor die Tür als Parkplätze vor der Tür frei wurden, kaufte Frühstück ein, bindete den Strauss.
Den Strauss zu binden war gar nicht so leicht, wenn man es nicht gelernt hat. Hatte ich mir einfacher vorgestellt. Und dann habe ich das gemacht, was ich immer mache, wenn ich was nicht gelernt habe: ich stelle mir jemdanden vor, der das kann, ganz genau, jeden Handgriff, ich halte mir einen Gelehrten vor Augen. In diesem Fall eine Floristin. Wie würde sie jetzt jeden einzelnen Zweig greifen? Wie würden gelernte Hände das jetzt händeln? Und so hatte ich nach einer halben Stunde meinen Strauss fertig. Er liebt Lavendel.
ohje, drehen Sie einfach wieder Laptop oder Bildschirm....
Irgendwann war alles fertig und ich musste nur noch den schleier ins Haar stecken. Das war der Moment in dem ich nervös wurde. Insgesamt war dieser Morgen herrlich. Es tat so gut dass ich alleine war und mich alleine vorbereiten konnte. Ich wäre bekloppt geworden wenn mich ein paar andere Frauen bekloppt gemacht hätten und an mir rumgefummelt hätten. Ich habe den Morgen sehr genossen. Diese Ruhe. Dieses nur ich. Wie gut habe ich in all den Jahren gelernt mit mir gut auszukommen....
Dennoch wurde ich nervös als es um den Schleier ging. Da war so eine Haarklammer dran, so ein Kamm. Als ich die Sorge darum am Abend vorher der lavendel-nebenjob-freundin mitteilte, beruhigte sie mich: ach deine Haar sind doch perfekt, da kannst du einfach eben so den kamm reinstecken. Dennoch. Die Locken irgendwie sortieren. Den Kamm feste stecken. Wo jetzt welche Locke hinstecken?? Bekomme ich den Kamm wieder raus wenn es nciht passt?? Sitzt das so fest?? Sieht das so gut aus?? Für einen Moment fehlte mir eine Frau an meiner Seite, und ich blieb cool. Steckte letztendlich alles bestens fest.
Blick aus dem Fenster - keiner auf der Straße: raus ins Auto, vollgas Richtung Arbeitsstadt, Richtung STandesamt
Wow! Glückwunsch! :) :) :)
Witzigerweise hatte mein Vater einen Termin mit einem Bauunternehmer am Schloss zur selben Uhrzeit wie Trauung ausgemacht. Auf der Autobahn schaute ich nur nach links und in den Rückspiegel. Später erzählte er mir: im Auto sagte ich dem [nachname Bauunternehmer] ich glaube meine Tochter heiratet gerade.
Mein Vater wusste nichts konkretes, wusste aber dass ich so einen Plan (also heiraten und direkt mit Furgo in Flitterwochen starten) verfolgte. Wir haben nicht viel darüber gesprochen und ich glaube er hatte verstanden, dass ich keine Feier möchte; ohne meine Mutter. Selbst kein kleiner Kreis. Was ist ein kleiner Kreis ohne meine Mutter?
Der Herzmann ist meistens zu spät. Sie kennen diese Leute die immer just-in-time oder einen Moment zu spät kommen. Und dennoch ncihts verpassen. Ich stand also in meinem Brautoutfit auf dem Parkplatz vor der kleinen, feinen Villa (kleine Stadt, Standesamt in einer sehr schönen villa.). Dann kam er in der Furgo an. Und staunte über die Braut. Er freute sich sehr. Eine geraucht. Rein. Anmelden. Vorraum. Keine Gäste um die man sich kümmern muss :-) Fotos mit Spiegel. Warten. In den Saal. Ach ja, Sie haben ja keine Gäste, sagte der liebe Standesbeamte. Trauzeugen?, fragte er. Nein. Er hält das Ringkissen hin. Ringe?, schon fast verzweifelt. Nein. Keine Gäste, keine Trauzeugen, keine Ringe, nur Liebe, antworte ich strahlend. Er reicht mir die Vase für meinen Strauss hin. Hält eine schöne Rede. Ich mag ihn, wir mögen ihn. Witze über unseren Namen, der nicht klappt, weil Mischung aus beiden Namen und daher nicht möglich. (Wir behalten beide unsere Namen). Wir haben immer wieder Tränen in den Augen. Seit diesem Jahr habe ich erstmals Freudentränen in meinen Augen in meinem Leben.
Dann Zeit im Raum für Sektempfang, der ja bei uns nicht dabei ist. Eine schöne alte Holzbank. Er fotografiert mich. Er fotografiert wirklich profihaft, er hat es wirklich drauf. Schließlich schießt er ein spontanes Foto von uns als wir vor einem Spiegel an einem Marmortisch stehen. Spiegelungen. Das wird später das Hochzeitsfoto was wir aus den Pyrenäen an Freunde und Verwandte verschicken.
wir verlassen die heiligen Hallen, schmücken die Autos mit Schleifen und schreiben mit Fingerfarbe just married auf den Bus. Dann fahren wir mit zwei Autos zu meinen Eltern, mein Vater braucht meinen Wagen, da er einen Unfall mit seinem Auto hatte. Er freut sich riesig als er mich als Braut sieht.....
Und schließlich sitze ich als Braut am Steuer in einem blauen T4 und alle Holländer hupen und winken.
Das war für mich die schönste Hochzeit, die ich mir vorstellen konnte.
Herzlichen Glückwunsch!
arboretum wirft mit gelben Rosenblütenblättern.
Sehr hübsches Brautkleid, sah bestimmt großartig an Ihnen aus.
Auch von mir: herzlichen Glückwunsch und alles Gute und Glück dieser Welt! Ich freue mich unbändig mit euch! :-)
Danke für die lieben Wünsche!
Wenn das nicht das Internet wäre würde ich noch Fotos von der Braut und dem Brautpaat posten ;-)
Zum Abschluss, bevor ich ins Bett gehe noch was zu dem, wo ich aufgehört hatte: trage seit dem Urlaub kein makeup. Einfache creme. Komplett naturelle
Ist noch Bier da, da kann ich auch noch schreiben.
Wie gut tat es mir wieder frz zu sprechen! Und ich kann es immer noch. Schalter im Kopf kurz umlegen und schon flachse ich mit den Franzosen rum. Es geht so über die Zunge.
Besonders schön in diesem Urlaub - also in den Flitterwochen - ich traute mich espanol zu sprechen. Wie im letzten Jahr schon dieses Jahr wieder mit Kindern. Und sie haben mich verstanden und mit mir gesprochen und ich habe alles verstanden und wir schwammen zusammen im eiskalten Pool und haben gelacht.
Was sich so gut anfühlt: endlich habe ich das Gefühl ich bin auf dem Weg mein Potential auszuschöpfen. Mit Spanisch. Mit dem neuen Nebenjob. Und überhaupt. Alles fließt. Es ist unglaublich. Und es war so toll Braut zu sein!!! Ich habe mich so unendlich schön gefunden! Kein Makel gespürt! Ich war einfach nur Braut. Wow. Unbeschreibbar.
In Schleife
McAnuff Garden of Love
mark793 am 17.Sep 16
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Nachträglich auch von mir noch herzlichen Glückwunsch!
Meine Frau und ich haben ja auch ohne Gäste, Ringe, Trauzeugen und all den üblichen Kladderadatsch geheiratet, und ich würde sagen, die Konzentration auf das Wesentliche hat der Intensität keinerlei Abbruch getan.
Wir haben übrigens ein "amtliches" Hochzeitsfoto, denn die Standesbeamtin war so freundlich, unsere Knipse zu betätigen, auch wenn das normalerweise nicht zu ihrem Tätigkeitsfeld gehört. ;-)
danke
Ich finde sogar, es war intensiver als wenn da viele Leute bei rumgehampelt wären.
wir haben auch ein offizielles Hochzeitsfoto. der Herzehemann kann nämlich ziemlich profihaft fotografieren. Ganz spontan. vorm Spiegel. Komme mal rüber, sagt er. Ich lächel, er drückt ab. Der Spiegel spiegelt sich im Marmortisch. Perfekt.