Jetzt meine Mutter anrufen können, das wär´s. Ich habe mich schon viel damit abgefunden, dass ich sie nicht mehr sprechen kann. Und jetzt ist es doch mal wieder soweit, dass ich reden möchte, und keiner meine Mutter ersetzen kann. Für ein Gespräch gibt es heute Abend keine Alternative. Keiner könnte mich so verstehen und mir so zuhören wie sie. Und keinem könnte ich das so erzählen wie ihr.
Ich habe heute morgen schon auf dem Weg zur Arbeit geweint. Dann irgendwann mittags in meinem Büro. Promt kam jemand vorbei. Meine Stelle ist so gestrickt, dass ich nicht weinend im Büro sitzen kann. Und natürlich wusste ich was ich machen musste, musste einfach kurz raus, bin zur Post gefahren, und habe mich dann schnell gefangen und gut weitergearbeitet. Ich bin professionell. Aber Kollegen nicht. Ich wünschte ich könnte alles runterschreiben, und es geht nicht, weil ich dann nicht mehr anonym wäre. Kurz gefasst: es passierte der Alptraum für eine Stelle wie meine. Der worstcase. Der Moment, in dem ich alles geben muss. Ich glaube das kommt vielleicht drei vier mal in meinem Berufsleben vor. Dass es um Leben und Tod geht.




Auch wenn es hier grad nicht um Leben und Tod geht - die Telefonate (und Gespräche) mit meiner Mutter fehlen mir immer noch sehr, kann es Ihnen also nachfühlen.

Drücke Ihnen die Daumen, dass Sie diese Gefahrenstelle ohne Blessuren und Verluste hinter sich lassen können.

hm. ich les ja hier schon sehr lange mit.

gespräche mit meiner mutter aka "die böse frau" fehlen mir nicht. aber meine oma fehlt mir sehr, obwohl sie schon seit bald 50 jahren tot ist.

mein vater - der ja auch nicht der unproblematischeste unter der sonne war - hat mir aber damals, als sie starb, etwas gesagt, das ihnen vielleicht hilft: "wenn du zu einem menschen eine wirklich gute verbindung gehabt hast, dann kann der ganz weit weg sein, oder ganz lange tot, du kannst dich trotzdem mit ihm unterhalten. geh einfach an einen platz den ihr beide kanntet, oder an einen platz in dem du in ruhe denken und ganz weit irgendwohin schauen kannst, und wenn es in den himmel ist, und dann red mit dem menschen der dir fehlt, und du wirst sehen, du wirst die antwort spüren."

und so ist das auch. weder mein vater noch ich waren jemals sehr religiös, geschweige denn in irgendeiner form abergläubisch oder esoterisch angehaucht, aber: man kann sich mit den toten oft besser unterhalten und trösten oder beratschlagen lassen als von den lebenden. man muss nur ganz tief in sich hineinhorchen.

Aber - wie beim Beten auch - bleibt doch eine nicht zu unterschätzende Unsicherheit, ob man nicht doch nur Selbstgespräche führt.

danke.


Am Ende ist jeder für sich.