Ich habe vier Kartons gepackt.

Ich erinnere mich, als ich aus meinem Zimmer ausgezogen bin, in diese Wohnung. Mein Zimmer war grandios. Durch eine ganz kleine Tür ging man in einen großen und doch kleinen Raum, mein Refugium, mein Museum. Gemütlich, so wie meine Wohnung wurde.
Museum trifft es nicht - vielmehr Ausstellung. Schon wie meine Lieblingshandtasche (seit knapp zwanzig Jahren) an der Tür hängt, erzählt Bände über mich und mein Leben hier in dieser Wohnung. Ich packe Kartons, trinke ein paar Bier, und mache Fotos. Das habe ich beim Zimmer versäumt.




Das Schloss ist noch nicht wirklich fertig, aber ein paar Räume, vielmehr Kammern, haben wir schon fertiggestellt. Zum Einräumen und abstellen. Ich packe vier Kartons von ihm aus. Dabei fällt mir ein kleines Bild mit Rahmen in die Hände. Liegt im Karton zwischen gutem Whisky und Wein. Es ist Karneval, er ist als Indianer verkleidet. Und das Bild sieht traurig aus. Nicht so, wie ein Kind an Karneval strahlen sollte. Er macht einen einsamen Eindruck. Der einsame Indianer. Hinten drauf eine Widmung: von deinen Kindergartentanten. Ich nehme mir das Bild beiseite.
Stunden später spreche ich in auf das Bild an. Er erinnert sich an nichts aus seiner Kindheit. Ach was für ein Bild? Das habe ich eingepackt? Vorsichtig frage ich weiter.
Später: ich war ein einsamer Indianer. Ich schaue diesen (meinen Ehe-) Mann an, mit dem silbernen Bart und dem silbernen Haar und tief in seinen braunen Rehaugen sehe ich das Kind, was als einsamer Indianer vielleicht viel zu lange unterwegs war.

Und heute packe ich meine Teile ein, aus meiner Zeit. Ich hatte mir vorgenommen jetzt bei diesem Umzug wirklich auszusortieren, und dennoch sind da Teile, die noch nicht weg dürfen, die noch ihre Zeit und ihre Erinnerung halten sollen.

Vorhin telefonierten wir. (Wir leben quasi wilde Ehe, sind verheiratet aber wohnen getrennt). Was ist denn in den bereites gepackten Kartons, fragte er sehr interessiert. Ich wusste nicht was ich antworten sollte. Wir haben festgelegt (besonders wegen Küche) dass es A, B und C-Teile gibt. A heißt, brauche ich auf jeden Fall in der Küche, B bedeutet brauche ich, aber eher selten und C ist eigentlich eher aussortieren. Ich habe die Kategorien heute erweitert. D ist neu. D heißt: muss weg, gespendet werden oder so. Und C heißt jetzt: müsste weg, aber ich kann noch nicht....

Und das ist ok, stimmten wir heute ab.