Montag, 11. Februar 2013
In Schleife: Passenger - let her go



Ich hatte das Date nicht abgesagt, ich habe mich eine halbe Stunde unter die Dusche gestellt, erst heiß, dann eiskalt, habe versucht irgendwie gut auszusehen und bin hingegangen. Es war wundervoll. Ich mag ihn wirklich gerne. Wir gingen in der Sonne im alten Park lange spazieren, haben uns wunderbar unterhalten, es war wirklich richtig schön und dann dieser Sonnenschein dabei, es tat so gut. In meinen Augen ist er ein ganz besonderer Mensch. Wir gingen noch Pommes essen und noch Kaffeetrinken und am Bahnsteig, als die Bahn einfuhr und wir uns zur Verabschiedunge umarmten schaute er mir in die Augen und sagte: auf bald.

Ich weiß jetzt, er ist acht Jahre jünger als ich. Ich habe den Nachmittag mit ihm sehr genossen.



Mit Tränen in den Augen im Auto überlege ich mir zwei Möglickeiten: links abbiegen in die Klappse, mich selbst einweisen weil ich seit Tagen kaum noch aufhören kann zu weinen, mich dort einfach abschießen lassen, einfach aufgeben, einfach aufhören, ein paar Wochen oder Monate ein paar Therapien durchziehen und dann irgendwann, vielleicht im Sommer mit Medikamenten (mehr oder weniger gut eingestellt) in der Tasche irgendwie anders weitermachen, oder rechts abbiegen und zum Sport fahren. Man wartet dort schon auf mich. Dass ich mich etwas verspäte habe ich schon durchgegeben. Mein Körper fühlt sich schwach an.
Ich sammel den Coach ein und unterdrücke Tränen ob seiner Sprüche. Nach zehn Minuten warmmachen fühle ich mich nicht warm, lasse die Arme ein paar mal kreisen und beginne dennoch einfach mit sieben starken, sauberen Klimmzügen. Plötzlich fange ich an zu lächeln und trainiere zwei Stunden mit extra Gewicht und dabei dennoch sorgsam. Bei jedem Muskel trainiere ich genau bis zur Grenze. Ich spüre genau bei welchem Punkt es kein Training mehr sondern Verletzung ist und höre genau dann auf. Ich schreie ein paar Mal laut auf, eben genau an den Grenzen.
Ein Junge ist dort, den ich nicht kenne. Der Chef der Muckibude kümmert sich fortwährend um ihn, trainiert mit ihm einige Sachen durch. Ich beoachte die beiden. Der Chef der Muckibude geht in meinen Augen klasse mit dem Jungen um. Der Junge hat Migrationshintergrund und ist leicht übergewichtig. Später höre ich, dass er aus betreuten Wohnen oder Heim für Schwererziehbare oder so kommt, schon woüberall rausgeflogen ist und dass Training hier wohl eine Auflage vom Jugendamt oder so ist. Ich frage nicht groß nach, frage aber mich aber ob der Chef dort sowas öfter macht. Ich bekomme sowas sonst nicht mit, da ich nur abends oder am We da bin. Ich weiß aber zum Beispiel dass der aktuelle deutsche Mei--- (ach nee, kann ich jetzt nicht so genau hier benennen) auch früher schlimme psychische Probleme hatte und Medikamente dagegen nahm und jetzt gut trainiert und glücklich ist, eben durch den Sport. Und ich möchte hinzufügen: durch den Sport dort, bei diesem Chef, in dem Laden.

Ich stemme zehn Kilo am Strecker (man sitzt aufrecht und hebt eine Stange mit den Gewichten oberhalb des Kopfes auf und führt sie vorm Körper hoch und runter bis man sie wieder über den Kopf ablegt). Ich schaue dabei in den Spiegel und bin entsetzt wie schlecht ich aussehe. Blass und die Augen klein, müde, kaputt. Ich sehe kein Strahlen. Meine Oberarme sehen jedoch stark und kraftvoll aus. Jeder einzelne Muskel zeichnet sich ab. Ich hänge am Ende noch ein paar Klimmzüge an und höre wie der Chef der Muckibude durch den ganzen Raum "Zieh Mädchen, zieh!" schreit und dannach respektvoll sagt, dass ich unglaublich fit und stark sei. Alle schauen mich mit großen Augen an und ich möchte sagen: der Trick ist ganz einfach, du musst nur genug Grund, genug Herausforderung zum kämpfen haben, aber ich bleibe stumm und gehe mich umziehen.



Sonntag, 10. Februar 2013
Es ist nicht die Angst dass ich keinen mehr finde sondern vielmehr die Angst dass mich keiner mehr findet. Ich könnte mich noch auf jemanden einlassen, aber auf mich lässt sich keiner mehr ein. Meine Seele viel zu kaputt, viel zu verkorkst. Egal wie fit ich bin, egal wie viel ich geackert habe - letzten Endes bin ich doch einfach kaputt. Viel zu früh viel zu fertig. Viel zu früh auf zu viele Herausforderungen eingegangen. Viel zu früh zu viel gegeben. Alles vergeben. Keine Vorstellung mehr davon, dass noch was gehen würde. Den Rest einfach mit Würde tragen. Völlig verzweifelt, mitten in der Nacht. Das Date morgen vielleicht einfach absagen, die Zeit vielleicht einfach besser alleine nutzen. Hoffnung aufgeben, dann bleiben mehr Freiräume für andere Lösungen. Einfach alleine das Leben genießen, eine Runde noch. Wo keine Hoffnung ist, sind auch keine Enttäuschungen.

Samstagsnachts einfach zusammenbrechen. Dann, wenn endlcih Stille ist, wenn endlich Ruhe ist, für ein paar Stunden.

Völlig verzweifelt.



Mittwoch, 6. Februar 2013
Gestern Abend bin ich irgendwann weinend eingeschlafen, heute morgen weinend aufgewacht. Heute reiße ich mich zusammen, ich kann nicht noch einen Tag so schlecht aussehend ins Büro gehen. Mir gehts schlecht, aber mir ging es auch schon schlechter. Aber es ist schwer, ich bin sehr dünnhäutig. Es ist gerade einfach mal wieder alles zu viel.