Samstag, 9. November 2013
Was für eine verheulte Woche! Hatte ich lange nicht...



Eigentlich hatte ich Lust heute tanzen zu gehen. Also in den letzten Tagen. Fällt aus. Statt dessen Depress. Jaqee - dance hörte sich in den letzten Tagen noch so verdammt gut und heute in dieser Stimmung ausgeleiert und unpassend an. Jaqee aus, Depri-Musik an, Bier auf. Konterbier. Maßlos war das gestern. Ich hoffe ich habe keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Naja, was soll´s.

Es fühlt sich an als käme mir der ganze Scheiß aus den letzten Jahren hoch, jetzt, wo es mir deutlich besser als in den letzten Jahren geht. An die Trauer wegen meiner Mutter gewöhnt, endlich einen tollen Job ergattert, hübsch und fit.

Ich fühle mich ungeliebt. Ich fühle mich einsam. Ich sehe nur die Makel an meinem Körper. In meinem Kopf spinnen Gedanken rum die nicht wertschätzen was ich schon alles erreicht habe sondern vielmehr betonen was alles nicht da ist, nicht erreicht wurde und sie spinnen weiter dass da auch nichts mehr passieren wird. Und ich habe Angst dass ich den neuen Job vermassel, jetzt nicht die Tätigkeit an sich die ich da mache - da bin ich verdammt gut, nein, ich habe Angst dass ich in irgendwelche Intrigen reingezogen werde ohne es zu merken, ich habe Angst dass ich mich in einen (deutlich älteren) Kollege* verliebe und dass das murx ist weil er vielleicht spinnt, irgendwas bei mir antriggert was mir nicht gut tun könnte oder so. Ich bin so skeptisch geworden. Ich kann auch die Freunde kaum noch ertragen, woüberall sehe ich Intrigen oder sowas, einfach Misstrauen. Ich fühle mich so isoliert. Und so handlungsunfähig. Oder vielmehr beziehungsunfähig.

Vielleicht ist es nur eine Mischung aus pms und postalk-depress. Hoffentlich ist es das nur. Sonst befürche ich, ich werde verrückt.

*Der, der beim Vorstellungsgespräch so unsympathisch rüber kam. Und ich denke mir die ganze Zeit: vielleicht muss man doch den ersten Eindruck ernst nehmen...



Dienstag, 5. November 2013
Schon schwer geweint heute und das Bier ist auch auf. Habe ich doch keine neuen Kästen gekauft und bewusst verzichtet, so ging es heute nicht anders. Sieh zu dass du immer Zigaretten im Haus hast und deswegen nicht zur Tanke musst!, schlägt die Freundin (die mit den kleinen Kindern) vor, nachdem sie mir den Tip gab, damit anzufangen, dass erst mal gar kein Bier im Haus ist. An der Tanke eben auf dem Heimweg habe ich dann nicht Zigaretten und Bier sondern Bier und Zigaretten gekauft. So irgendwie.

Der Wagen sollte eigentlich nur die Winterreifen draufgezogen bekommen, doch letzten Endes zahlte ich mal eben über vierhundert Euro. Bremsen etc. Der Meister informierte mich telefonisch über diese dringenden Reparaturen. Ich fragte die ganze Liste nochmal en detail ab ("Sie sehen selbst wie alt der Wagen ist - bitte zählen Sie jetzt noch mal auf was wirklich nötig ist") und ich bat darum, die Bremsscheiben aufzubewahren und mir später bei Abholung zu zeigen. Wir verblieben mit notwendigen Reparaturen um die dreihundertfünfzig euro. Als ich dann kurz vor Feierabend der Werkstatt dort vorbeikam und den Wagen abzuholen (in der Stadt wo ich arbeite), war ein anderer Mechaniker dort. (Auch er: sehr hübsch. Da arbeiten schöne Männer - nur so am Rande bemerkt). Er sah die Notiz dass ich die Bremsklötze sehen wollte in dem Moment, in dem ich auf die Rechnung schielte und einen Betrag gut über vierhundert las. Wir gingen in die Halle um mir die Dinger zu präsentieren. Ich schaute auf die Anrichte und sagte: das sind nicht meine! Er schaute mich für drei Sekunden verdutzt an, dann lachten wir zusammen. Es war wirklich witzig. Wie ich auf die Teile schaute und ganz ernst und direkt meinte, dass ich wisse dass das nicht meine seien. Dass wir zusammen lachten war gut, denn als ich später mockierte, dass mir am Telefon dreihundertfünfzig und nicht irgendwas über vierhundert gesagt wurde, und es mir hier sicherlich nicht um zehn euro ginge und ich jetzt wirklich etwas verärgert sei und zum ersten und jetzt vllt letzten Mal hier sei und dass ich das natürlich morgen den Kollegen da-und-da (beim größten Arbeitgeber dort nur zwei Straßen weiter) beim Mittag erzählen würde, ging er mit dem Preis nochmal ca. dreißig euro runter. Vorher rief er den Meister an und fragte wie er mir dreihundertfünfzig am Telefon nennen konnte - der lügte und sagte er hätte vierhundertfünfzig gesagt - aber ich, ich hatte das Telefonat mitgeschrieben. Ich wurde an dem Punkt echt sauer. Naja. Jedenfalls mal eben über vierhundert euro für Bremsen gezahlt. Schade für die Begünstigten (=Papa) meiner Lebensversicherungen. - ok, der war mies >:-(

Jedenfalls flossen im Auto auf der Rückfahrt fünfzig km lang die Tränen, richtig schlimm. Ich fragte mich ernsthaft, was das jetzt sei. Sicherlich gehen vierhundert euro auch nciht mal eben spurlos an mir vorbei, aber das Geld ist irgendwie da, das ist Portokasse. Auch wenn die jetzt platt ist. Ich werde es spüren, aber nicht ernsthaft. Ich lebe unter meinem Niveau, da ist immer Geld da. Also fragte ich mich ernsthaft was mich jetzt so traurig macht. Und es war Traurigkeit, keine Wut auf ein kaputtes Auto oder so, es war ganz klar Traurigkeit. Und dann fiel es mir auch recht schnell ein: da wartet keiner zu Hause der sagt: och scheiße, aber komm, was solls. Oder der mitzurechtredet dass das jetzt einfach nötig war und mitüberlegt wann welches Auto nächstes Jahr gekauft wird. Oder so.
Es wird immer stärker, dieses alleine-fühlen, alleine-sein. Und dann potenzieren sich alle Gedanken ganz schnell: toll dass ich es endlich geschafft habe einen guten Job zu bekommen aber was habe ich sonst erreicht? Um mich herum bauen alle Häuser oder Familien. November. Bald Weihnachten und Co. Vorbei all der Sonnenschein, all die kurzen Röcke, all dieses draußen abhängen, all der Urlaub, all die sonnigen Momente. Die Heizung summt verlässlich. Der Alltag fliegt so vorbei. Im Fenster in der Küche sehe ich das Spiegeln meiner Küche.

Nach fünfzig km Tränen kam ich an meinem Elternhaus an um die Sommerreifen zu deponieren. Meine Mutter hängt auf halb acht im Rollstuhl. Mein Vater sitzt vor ihr und füttert sie mit Apfelsaft und Dominosteinen. Die Pflegepolin ist nicht da, sie hat heute ihren freien Tag. Es ist Dienstag. Ich will eine Umarmung von meiner Mutter, aber es geht nicht mehr. Sie kann es nicht mehr. Ich esse drei Frikadellen auf der Hand. Mein Vater meint ich solle mich richtig hinsetzen und vernünftig essen, nicht so im Stehen, Brokkoli ist auch noch da. Wir sprechen nur kurz über das Auto und es ist völlig klar dass die Reparaturen nötig waren. Er überlegt kurz wie er seinem Händler ein weiteres neues Auto abschwatzen kann. Er ist unheimlich ruhig geworden, er stresst nicht mehr. Irgendwann füllen sich meine Augen mit Tränen und ich sage dass ich einfach alleine bin, jetzt und Weihnachten und am Geburtstag und Silvester und auch gleich zu Hause. Er sagt was von Schritt für Schritt und wie gut es doch sei dass ich den neuen Job hätte. Er weiß kaum mit meinen Tränen umzugehen und bleibt dennoch ruhig. Es tut gut. Wir umarmen zusammen meine Mutter. Sie reißt die Augen auf und wir wissen beide: sie erkennt mich. Ein Moment von Gold.



Mittwoch, 30. Oktober 2013
Ich überlege über Weihnachten/Geb/Silvester wegzufahren. Ich hatte auch überlegt dieses We wegzufahren. Alleine. Weil keiner mitkommt. Freunde haben entweder kein Geld, oder keine Zeit oder fahren mit ihrem Partner weg. Eigentlich wie schon im Sommer.
Ich habe für dieses We nichts geplant und gebucht. Und jetzt, als ich gerade für die Feiertage im Dezember kurz über mögliche Ziele nachgedacht und Interessantes entdeckt habe, fällt mir auf, warum ich für dieses We nichts gebucht habe und warum ich vielleicht auf für Dezember nichts buchen werde: ich möchte nicht mehr schöne Momente alleine erleben. Das war genug im Sommer. Ich habe Angst dass es nur noch mehr weh tun würde wieder alleine genießen zu müssen.

Ich bin alleine. Viel zu viel. Viel zu lange mittlerweile. Das war gut, eine Zeit lang, das tat auch gut, eine Zeit lang, und jetzt nicht mehr.

Ich unterhielt mich heute nachmittag lange mit einem Kollegen. Er kam einfach bei mir im Büro vorbei. (Man kommt dort einfach mal bei Kollegen zum Quatschen im Büro vorbei. Irgendwie unterhält man sich eh viel. Alle haben unendlich viel Zeit, kommt mir so vor). Ich mag ihn gern. Es ist der, der mir beim Vorstellungsgespräch am unsymphatischten war und ich habe ein paar Wochen gebraucht um zu checken dass er das ist. Er sah im Vorstellungsgespräch anders aus (keine Brille, Anzug an etc.) und verhielt sich auch anders, unfreundlicher, als im Alltagsgeschäft. Ich habe ihm das neulich erzählt und wir haben gelacht. Jedenfalls unterhielten wir uns heute auch über meine Stelle. Die Stelle ist ja neu geschaffen. Ich gehöre nirgends zu, zu keinem Team, zu keiner Abteilung, ich habe nichtmals einen Chef (zwei quasi-Vorgesetzte, aber die sehen sich nichtmals als diese). Und ich stelle fest: mir gefällt das sehr, diese Unzugehörigkeit. Ich genieße die neue Stelle sehr. Als ich heute morgen mit einem anderen lieben, sehr kompetenten Kollegen einen sehr schwierigen Termin eins a gewuppt habe, tauschten wir uns danach noch aus und es war auch ein sehr gutes Gespräch. Wir thematisierten auch diese Unzughörigkeit kurz und ich spürte wie sehr ich diesen Austausch genoss, der ja auf fachlicher Ebene doch sehr rar ist, eben weil ich nirgends zugehöre und das was ich mache, nur ich mache, alle anderen dort machen was anderes; ich bin wirklich Außenseiter. Oder wie man sagt: Stabsstelle. Der Kollege heute morgen checkte das als ich irgendwann was sagte bzgl wie gut mir der Austausch tut und dass mir das doch manchmal fehlt; dieses verbunden fühlen. Nachmittags mit dem anderen Kollegen ging es dann irgendwann irgendwie wieder um meine Position und wieder kam ich auf die Nachteile bei dieser Postion kurz zu sprechen und er sagte irgendwas und plötzlich wurde mir klar: deswegen auch hat das mit der neuen Stelle geklappt, deswegen bin ich dort auch so gut eben weil ich das gut kann: alleine da stehen, nirgends zugehören, Außenseiter (wie Außerirdischer) sein, eben dieses keinen Platz haben auf dieser Welt haben, dieses alte Gefühl in dem ich mich mittlerweile so gut auskenne. Es kommt mir plötzlich zu Gute da ich das für diesen Job können muss. Irgendwie fügt sich gerade alles. tbc