Freitag, 12. Oktober 2012
Nach einem langen Tag, einer langen Woche, komme ich nach Hause, schließe die Tür und schreie laut auf. Schreie laut auf weil mein Kopf mich fickt, Depress vom Feinsten. Es tut so weh wenn ein Depri-Schub hochschießt. Wenn sich Traurigkeit in jeder Zelle breit macht.
Ich überlege kurz das alles zu verdrängen, mich direkt kurz ans Telefon zu hängen, mich spontan zu verabreden und weiter los zu ziehen. In Bierlaune bin ich schon seit vier (konnte im Rahmen von Firmenterminen schon Bier bestellen). Ich überschlage schnell was das bedeuten würde wenn ich jetzt direkt weiterziehe, weitertrinke und mich ins Wocheendgetümmel gebe. Das Ergebnis wäre schlimmer als wenn ich alleine zu Hause bleibe. Irgendwas mit "mich keinem Zumuten wollen" und "Ruhe haben, keine weiteren sozialen Interaktionen heute mehr" und "es läuft auf Schall und Rauch hinaus". Noch bevor endgültig der Entschluss gefasst ist, alleine zu Hause zu bleiben, bin ich schon dabei mich umzuziehen. Raus aus der feinen Hose, raus aus dem feinen Blazer, die Löwenmähne zu einem festen Zopf zusammenbinden, Musik an, Heizung an, Bier auf.

Ich wasche meine neue Tafel ab. "Für was bin ich heute dankbar?" stand da geschrieben. Ich kann ohne nachzudenken aufzählen und bin mir sicher, dass ich heute noch was anderes dranschreiben kann. Das Telefon klingelt, ein Rückruf auf einen Rückruf. Einer von euch hatte angerufen, sage ich der Freundin (die mit den beiden kleinen Kindern) und schiebe ironisch hinterher, dass ich glaube es sei B gewesen (der dreijährige Sohn). Sie lacht. Wir sind und einig, dass das irgendwann mal so sein wird, dass B mich angerufen hat weil er irgendwas mit mir besprechen wollte. Sie freue sich darauf, sagt sie, ich auch, ich sehr, antworte ich. Es war übrigens ihr Mann der mich sprechen wollte. Nach kurzem Gespräch kommt raus, dass die junge Familie beim Abendessen zusammen sitzt. Ich schimpfe den Mann aus, sowas macht man nicht, beim Familienabendessen telefonieren. Er solle jetzt bitte laut sagen, dass er jetzt nicht weiter mit mir telefonieren könne da man gerade beim Essen zusammen säße und wir gerne später oder morgen weitertelefonieren können. Er hat verstanden und sagt das tatsächlich genauso laut. Finde ich gut. Ich meine, jetzt mal ernsthaft: man kann Kindern doch sowas nicht vormachen. Wenn die Familie zum Essen zusammensitzt telefoniert man nicht, man ist mit der Familie zusammen.

Nun denn. tbc



Montag, 8. Oktober 2012
Fünf Wochen nach der Verletzung fange ich an mich via Internet in die Anatomie des Fußes, Diagnosearten und physiotherapeutischen Übungen einzuarbeiten. Erster Eindruck: alles ok soweit! Im Krankenhaus wurde der klassische Fehler einer sogenannten offenen Röntgenaufnahme gemacht wodurch das Band wahrscheinlich endgültig gerissen ist. Mit der sogenannten Schubladenmethoden hat die Orthopädin des Vertrauens am Tag darauf dann aber anscheinend die richtige Diagnose gestellt. Nach sechs Wochen Schiene (one to go!) kann dann mit Physiotherapie begonnen werden. Weitere sechs Wochen später ist es dann möglich sportliche Aktivitäten "nach Augenmaß" zu beginnen und zu steigern.

Was das mit dem Augenmaß bedeuten soll, habe ich jetzt nicht verstanden, ist ja auch egal, mache ja die ganze Zeit schon wieder Sport. Jedenfalls bin ich nun irgendwie beruhigt. Das Ganze dauert einfach, braucht seine Zeit. Ich liebäugel aber nach wie vor mit einer weiteren Aufnahme. Ich will genau wissen was da wie sehr kaputtgegangen ist. Ich will nichts verschleppen.



Unbedingt bierfreie Woche starten. Die Vorräte sind aufgebraucht und mir ist schlecht von gestern. Chancen stehen also gut.



Samstag, 6. Oktober 2012
Verkatert gönne ich mir gegen Mittag ein Essen in der großen Mensa. Einmal Nudeltheke. Was ist das hier so chaotisch voll, wo kommen all die Menschen her? Semesterstart! Ungewöhnlich lange stehe ich an der Nudeltheke an, gezwungenermaßen beochachte ich nicht nur wie sich die jungen Menschen nicht nur nicht entscheiden können zwischen vier Nudel- und vier Soßensorten, sondern auch, wie entnommene Salatschälchen einfach zurückgestellt werden. Kurz überlegen - mit vorherigen Blick auf meinen Kontostand - in all dem Getümmel meinen alten, vergilbten Studentenausweis vorzuzeigen um nicht den vollen Preis zahlen zu müssen und irgendwie einen Bonus für dieses Chaos zu erhalten. Endlich an der Kasse angekommen - habe mich in diesem Chaos nicht getraut wie sonst nach einer Extrakelle Soße zu fragen - siegt meine Ehrlichkeit dennoch und ich zahle ordnungsgemäß den vollen Preis und bin dabei auch die einzige, die der Dame an der Kasse ein freundliches Lächeln und ebenfalls ein schönes We wünscht.
Ich sitze alleine, schaue mir die Erstis an und schaufel mir genüßlich die Nudeln mit zuwenig Soße rein.
Bei der Tablettabgabe fühle ich mich beobachtet und schon werde ich angesprochen: der junge Mann von Silvester, der, der genau zehn Jahre jünger ist als ich und sein Jurastudium unterhalb der Regelstudienzeit abschließt lächelt mich freundlich grinsend an. Er ist aber auch ein Goldschatz!
Draußen erzählt er, er hätte mich just gestern noch anschreiben wollen, man können ja mal einen Wein, ein Bier oder einen Sekt zusammen trinken! Ja, hauptsache Alkohol, erwidere ich leicht ironisch. Ich erzähle kurz von Stress, von Weiterbildung, von Fußverletzung. Also wenn es nach ihm ginge könne man sich ja auch einfach bei mir oder bei ihm treffen, einen Film zusammen schauen. Ich erspare mir die Erklärung warum ich keine Filme schaue und sage direkt, dass das nicht ginge weil das dann direkt so einen intimen Touch hätte. Also da sei er flexibel antwortet der junge selbstbewusste direkt: man könne so oder so!

Ich halte viel von ihm weil er so selbstbewusst ist. Umarme und verabschiede ihn, ohne konkretes Date.



Ha! Ganz im Rahmen von gtd heute Abend "mal eben" eine Tafel an die große Küchentür gezaubert. Veut dire: den ganzen Abend mit rumüberlegen, ausmessen, abkleben und letztendlich lackieren verbracht. Et voilá: meine Tür in der Küche ist nun als Tafel beschreibar. Das endgültige Resultat ist dann zwar erst morgen sichtbar, aber immerhin habe ich den Abend nicht nur mit Biertrinken verbracht. Fotos folgen.