Mittwoch, 14. November 2012
Als ich gerade aus dem Auto ausstieg, fiel mir plötzlich ein, dass ich eine erwachsene Frau bin. Eine erwachsene Frau. Ich hatte meine Handtasche in der Hand, die große Sporttasche (war in der Sauna) umgehangen und über dem Arm lagen drei Blazer, zwei in Folie frisch aus der Reinigung und der, den ich heute tagsüber trug. So lief ich dann gerade vom Parkplatz unten an der Straße zum Haus.

Ich bin eine alleinstehende Frau von Anfang/Mitte dreißig, ohne Kinder, arbeite von morgens bis abends, laufe mit der großen, pinken Tasche in der Freizeit von Haus zum Auto oder vom Auto zum Haus, bin unter der Woche oft sehr chic gekleidet, am We weniger, man sieht mich Sonntags mittags laufen und ich grüße die Nachbarn freundlich. Manchmal sieht man mich morgens um sieben losfahren, machmal erst mit der Vorstandswelle. Zwischendurch sieht man mich tagsüber kurz aus einem Dienstwagen in Haus huschen und dann auch schon wieder wegfahren. Meistens komme ich erst abends nach Hause.

Manchmal ist es gut, sich mal von außen zu betrachten um zu schauen wo man steht oder auch wer man ist.

Der Psychologe gestern überlegte kurz, ob die ganzen jungen Männer die ich da immer mal wieder so aufreiße und bei denen (mir) klar ist, dass das nichts zukunftsfähiges ist, für irgendwas anderes stehen. Auf welchem Blatt die stehen. [Orrr, Lieblingsfreundin ruft an und will telef]. Und da wurde mir vorhin aus dem Auto aussteigend und vollbepackt in Dunkelheit zum Haus laufend klar: die stehen da wo ich mich habe stehen sehen: bei nicht-erwachsen.

Jahresendspurt macht Spaß. Alles sacken lassen, nochmal genau hinschauen wer ich bin, was ich will und wo ich stehe und dann nächstes Jahr eine neue Runde einläuten.

War btw alleine in der Sauna. War gut. Tat gut. Fühlte sich gut an.



Dienstag, 13. November 2012
Lange lag ich nicht auf der Couch. Die Termine werden seltener, die Krankenkasse sieht nicht ein weiterzuzahlen... Und es ist ok.
Ob die Locken neu seien, fragt er mich lächelnd zur Begrüßung. Nein, die habe ich doch schon seit Sommer, die haben Sie doch schon gesehen, antworte ich. Ja, stimmt....aber jetzt sehen sie noch schöner aus, gibt er zurück. Die Reinigungsfrau heute morgen im Aufzug, die, die kaum Deutsch spricht aber mit der ich dennoch immer einen herzlichen smalltalk führe, sagte das heute morgen auch schon. Überhaupt: was für ein grandioser Start in den Tag heute morgen! Und dabei hatte ich um acht einen unvorbereiteten Termin vor sechzig Leuten, die Präsi dazu hatte ich mir um fünf vor acht kurz angeschaut. Aber lief alles bestens. So langsam checke ich: sowas kann ich, wegen sowas muss ich mir keine Sorgen mache, muss ich mich nicht stressen. Zwischendurch schaute ich heute in den Spiegel und ich hätte beim Anblick kotzen können, aber von kompetenter Seite wurde mir attestiert, dass ich gut aussehe. Zyklusmitte halt. Zeiten in denen ich unendlich stark bin.

Ich fange auf der Couch nicht direkt an zu heulen und wir stellen recht schnell fest: nun ist endlich Zeit zu schauen wie bei mir weitergehen könnte, nun ist endlich Zeit damit wir uns um mich, um mein Leben kümmern zu können. Mit Blick nach vorn. Da waren so viel alte Wunden, da war so viel Trauer, so viel Alltagsfrust....Der Nerd wird kurz zum Thema und er gibt zu, dass er auch dachte, das sei was Besonderes, das passte. Wir lassen das so stehen, lassen den Nerd so stehen. Ich erzähle von dem eloquenten jungen Mann von neulich, den, den ich für schwul hielt und der der Fick des Jahres ist, und ich erzähle von dem Typen, den ich gerade date (Kommen sie eigentlich noch mit? Kann man hier eigentlich noch mitkommen? Das ist aktuell der, den ich durch die Arbeit kenne) und der es irgendwie nicht ist, mal sehen. Er bohrt rum, überlegt mit mir, was das Problem sei und sagt mir ganz direkt, dass ich doch eine attraktive Frau sei und man nochmal schauen müsste, woran das liegt dass ich keinen Partner habe oder gefunden habe. Für was die ganzen jungen Männer stehen, wovor ich Angst habe oder für was die stehen. Dieses Erwachsene, das ist das wovor mir grault. Ich will das Jahr ausklingen lassen, mehr nicht mehr für zwanzigzwölf, ich fühle mich fest auf meinen Füßen stehend. Ja, das nehme er auch so wahr. Wir kommen nicht dazu über meinen kaputten Fuß zu sprechen, aber irgendwie ist das auch gerade kein Thema bei mir. Schiene an und es läuft. Dran gewöhnt. Damit abgefunden. Im Frühling laufe ich wieder. Und bis dahin ist noch Zeit, bis dahin kann der Fuß in Ruhe ausheilen. Passt.

Unendlich stark, erfolgreich, schön - Zyklusmitte halt.



Montag, 12. November 2012
Ich bin müde wie ein Kind nach dem ersten Kindergartentag. Ich habe das Abendbrot ausfallen lassen, um dabei nicht einzuschlafen. Lange war ich nicht sooo müde wie heute. Und morgen wird der Wecker um allerspätestens sechs klingeln müssen.

Heute mittag schlief ich auf der Couch fast ein, und das war eigentlich auch der Plan, aber dann rief ein netter Herr von meinem Mobilfunkanbieter an, bezogen auf meine Beschwerdemail von Samstag abend (nach drei Bier). Ich war direkt hellwach. Was für ein Spaß! Ich ließ ihn erst mal reden aber lenkte dann recht schnell ein, was konkret mein Problem mit der ganzen Geschichte sei, nämlich dass man so nicht mit Bestandskunden umgeht und fügte schnell hinzu, dass ich mich im Bereich Kundenbindung und Beschwerdemanagement sehr gut auskenne, um nicht zu sagen, ich sei Profi. Wir können direkt über alle kommunikativen Kniffe hinweggehen und uns ums Wesentliche kümmern. Der junge Mann war aber wirklich kommunikativ richtig fit und nach einem zehn minütigen Gespräch klärten wir dann Punkt für Punkt meine Fragen und Anliegen. Zwischendurch bot er mir an, die Widerrufsfrist zu nutzen, dann würde alles gecancelt und dann könnte man noch mal schauen und einen neuen Vertrag abschließen. Ich fragte ihn ganz direkt, ob das sein offizielles Gesprächsziel sein muss, dann könnten wir das ihm zur Liebe so machen. Aber dann sei ich ein noch mehr verärgerter Kunde, denn für so ein Hickhack habe ich keine Zeit. Nee nee, lenkte er ein. Ich so: ok, dann lassen Sie uns doch nochmal eben alle meine Frage aus der Mail durchgehen und klären, und dann ist alles gut. Nennen Sie mir mal bitte eben den nächsten Punkt, ich habe die Mail gerade nicht zur Hand. Es war herrlich. Ich kann das so gut: Gespräche in die Hand nehmen, lenken. Ganz am Ende waren alle Unsicherheiten ausgeräumt. Ich konnte es mir aber nicht verkneifen zu fragen, was er mir denn jetzt noch anbieten könne, damit ich weiterhin ein zufriedener Kunde bleibe und nicht in meinem Umfeld erzähle: wechsel bloß nicht da und da hin, ich habe das zwar gemacht aber es war einfach nur ärgerlich. Ja ähm, moment, ich schau mal eben. Jaja, schauen Sie mal ruhig in Ruhe was Sie mir da anbieten dürfen....Vier Euro Guthaben auf der nächsten Rechnung. Ich lachte laut auf. Wir einigten uns letzten Endes auf 150 Freiminuten egal wohin. Ich wollte ihm am Ende noch ein positives Feedback geben, aber er beendete das Gespräch dann doch recht schnell. Ging wahrscheinlich erst mal eine Rauchen - die Alte gerade war ja mal voll anstrengend. Und ich hätte noch ne Runde geflirtet. DANN EBEN NICHT.